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Gebirgsbildung mit Klimafolgen

22.02.2024

Aaron Bufe untersucht, wie Verwitterung und Erosion über Jahrmillionen hinweg den Kohlenstoffhaushalt der Erde beeinflussen.

Professor Aaron Bufe

Professor Aaron Bufe untersucht Prozesse, die die Oberfläche der Erde bestimmen. | © Foto-Studio Plaschka, Sabine Plaschka-Büscher

Seit Jahrmillionen ist die Erdoberfläche in Bewegung: Angetrieben von Kräften im Inneren der Erde wachsen Gebirge in die Höhe und werden durch Verwitterung und Erosion wieder abgetragen. Das Werden und Vergehen von Gebirgen beeinflusst auch den Kohlenstoffkreislauf unseres Planeten. Was das mit dem Klima macht, ist eine der Fragen, die sich der Geologe Aaron Bufe stellt.

„Vor etwa 30 Jahren kam die Hypothese auf, dass die Gebirgsbildung, die in den letzten 50 Millionen Jahren vom Himalaya bis zu den Alpen stattgefunden hat, zu einer Abkühlung des Klimas beigetragen hat. Diese Hypothese hat sehr viel Aufsehen erregt. Neueste Erkenntnisse zeigen aber ein komplexeres Bild“, erläutert Bufe, der seit April 2023 Professor für Sedimentologie am Department für Geo- und Umweltwissenschaften ist. Im Fokus seiner Forschung stehen dabei nicht nur Sedimentgesteine, also verfestigte Ablagerungen von lockerem Material, ihn interessieren alle Prozesse, die die Oberfläche der Erde bestimmen.

Taiwan als „Freiluft-Labor“

Wind und Wetter nagen an Gebirgen und durch Erosion werden frische Gesteine freigelegt. Wie sich deren Verwitterung auf den Kohlenstoffkreislauf auswirkt, hängt von der Art der Gesteine ab: Bei silikatischen Gesteinen wird der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen. Enthalten die Gesteine dagegen schwefelhaltige Minerale, kann CO2 freigesetzt werden – was die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ansteigen lassen und zur Klimaerwärmung beitragen könnte.

Welcher dieser Prozesse die Oberhand behält, untersuchte Bufe etwa in den Bergen von Taiwan, einer Landschaft, die ihn besonders fasziniert: „Diese Berge sind so aktiv und heben sich so schnell, das haben wir in Europa nicht. Die Hänge sind sehr steil und es gibt riesige Erdrutsche und Steinschläge. 2009 beispielsweise löste ein Taifun Rutschungen aus, die ganze Täler mit Sedimenten gefüllt haben.“ Diese enorme Dynamik macht Taiwan für ihn zu einem spannenden „Freiluft-Labor“, in dem er nachweisen konnte, dass die Erosionsraten eine Rolle für die Verwitterung spielen.

Fluktuationen in geologischen Zeiträumen

Aaron Bufe entnimmt Flusswasser-Proben

Beprobung von Flusswasser. | © J. Hemingway

Die von ihm untersuchten Prozesse spielen sich in geologischen Zeiträumen ab, wie der Geologe betont. Seine Daten können dazu beitragen, Modelle zum Kohlenstoffkreislauf zu verfeinern. Für den derzeitigen globalen Klimawandel sei die natürliche Silikatverwitterung nur bedingt relevant, weil menschengemachte CO2-Emissionen um Größenordnungen über dem lägen, was die Silikatverwitterung ausmache. „Wenn jetzt der Ausstoß von CO2 komplett gestoppt würde, dann würde durch Verwitterung wahrscheinlich langsam CO2 aus der Atmosphäre gezogen – bis wir dadurch wieder auf das Niveau kämen, wo wir vor der Industrialisierung waren, würde es aber mehrere 100.000 Jahre dauern. Ob man die Verwitterung künstlich ankurbeln und als natürliche CO2-Senke nutzen könnte – zum Beispiel durch das Ausbringen von fein gemahlenen Gesteinen auf Feldern –, wird derzeit heiß diskutiert.“

Begonnen hat Bufes wissenschaftliche Laufbahn an der Universität Cambridge, wo er Natural Sciences studierte. „Man wählt dabei zu Beginn vier naturwissenschaftliche Fächer und spezialisiert sich später. Und da hat sich nach einem halben Jahr herausgestellt, dass die Geologie mich am meisten fasziniert“, sagt Bufe. Schon während seiner Promotion an der University of California, Santa Barbara (USA), interessierte er sich besonders für Oberflächenprozesse und ist diesem Thema auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland zum Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ treu geblieben, wo er vor seinem Wechsel an die LMU sechs Jahre forschte.

Viele ungelöste Fragen

An München reizt ihn besonders auch das wissenschaftliche Umfeld: „An der LMU gibt es viele Möglichkeiten. Das Department entspricht meinem Fokus auf Grundlagenforschung und der Zusammenschluss von Geo- und Umweltwissenschaften und der Geographie innerhalb einer Fakultät spielt wunderbar in mein Interesse für die Erdoberfläche. Dazu kommt noch die Nähe zu Kollegen und Kolleginnen der TUM. So bietet München eine der dichtesten und diversesten Ansammlungen geowissenschaftlicher Expertengruppen auf jeden Fall in Deutschland und wahrscheinlich auch in Europa.“

Noch gibt es für ihn viele offene Fragen, die er hier in seiner Forschung angehen möchte. Für ein neues Projekt plant er etwa Untersuchungen im größten Flussbecken der Welt, dem Amazonas. „Wir wissen derzeit noch extrem wenig über die Rolle von Verwitterung außerhalb von Gebirgen“, sagt Bufe. Auch der Einfluss von Verwitterung in Mittelgebirgen auf die Kohlenstoffbilanz sei noch zu wenig untersucht. „Die Story ist noch lange nicht komplett.“

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