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Gemeinsam für Schwache in der Gesellschaft

06.01.2019

Seit über fünf Jahren serviert Isabel Sophie Oberländer in einer Münchner Suppenküche regelmäßig Bedürftigen eine warme Mahlzeit. Doch die angehende LMU-Kunsthistorikerin musste neben dem Studium immer häufiger jobben, um sich den Lebensunterhalt fina...

Foto von Stipendiatin Isabel Oberländer

© Paul Weinberg

Wenn andere an Weihnachten die Geschenke auspacken, hilft Isabel Sophie Oberländer Obdachlosen. Jeden Heiligabend wird im Hofbräuhaus vom Münchner Männerfürsorgeverein ein Dinner für sozial benachteiligte Menschen organisiert. Zu helfen, anstatt mit den Liebsten zu feiern ist für die 27-Jährige eine Selbstverständlichkeit. „Darum geht‘s doch an Weihnachten“, sagt sie. „Dass man sich zurückbesinnt und anderen hilft“. Auf die Idee hat sie ein Kollege der Suppenküche der barmherzigen Schwestern gebracht, wo sie seit über fünf Jahren ehrenamtlich Bedürftigen warme Mahlzeiten serviert. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, versichert sie. Viele würden sich über die Ungleichheit in der Gesellschaft beschweren – ohne etwas dagegen zu unternehmen. Isabel nicht.

Die gebürtige Münchnerin studiert an der LMU Kunstgeschichte. Aktuell macht sie im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum beim Fotografen Paul Weinberg in Südafrika. Auch dort versucht sie, den Schwachen in der Gesellschaft zu helfen. „Die Armut in Kapstadt ist natürlich um ein Vielfaches höher als in München“, erzählt sie. Einmal sei sie sogar schon ausgeraubt worden. An ihrem Mitgefühl für die Menschen ändert das nichts. „Die machen das ja nicht, weil sie Bock darauf haben, sondern weil es in der Gesellschaft ungerecht zugeht.“ Derzeit arbeitet sie in den Greatmore Studios, einem Kulturzentrum in einem Township, wo die Ärmsten der Armen wohnen. Diese Menschen können die Ateliers nutzen und bekommen kostenlos Materialien und Werkzeuge gestellt. „Kunst ist eine unterschätzte Chance, um Leute aus Armut rauszuholen“, ist sie überzeugt.

Schon als Schülerin engagierte sich Isabel für soziale Projekte. In den Sommerferien reiste sie zum Beispiel nach Kolumbien, um ehrenamtlich bei Fundación Florencer zu arbeiten – einer schulischen Einrichtung für behinderte Kinder. „Behinderte sind in diesem Land nicht erwünscht“, sagt sie traurig. „Deswegen ist es wichtig, dass sie in die Schule gehen.“ Als sie die Einrichtung ein paar Jahre später wieder besuchen wollte, war sie geschlossen – die Spendengelder haben nicht gereicht. Für Isabel ein Zeichen, sich weiter zu engagieren. Also begann sie im Rahmen des Freiwilligenprogramms von „Dein München“ handschriftliche Spendenbriefe zu schreiben. Mit den Geld- und Sachspenden versucht der Verein, Kindern aus sozial benachteiligten Familien das Leben ein wenig schöner zu machen. Fast schon unnötig zu erwähnen, dass Isabel auch regelmäßig dem Kind einer alleinerziehenden Mutter bei den Hausaufgaben hilft.

Das Problem: Bei so viel ehrenamtlicher Arbeit reichte das Geld im teuren München irgendwann nicht mehr. Isabel kommt aus einem Nichtakademikerhaushalt, ihre Eltern sind Rentner. Um ihnen nicht auf der Tasche zu liegen, nahm sie jeden Job an, den sie zwischen die Finger bekam. Sie arbeitete in einem Auktionshaus, gab Nachhilfe, sittete Babys, dekorierte Schaufenster, modelte für eine Marketingagentur oder veranstaltete mit einer Freundin vegane Dinner in einem Gewächshaus. Das zweite Problem: Durch die viele Arbeit konnte sie sich nicht mehr auf das Studium konzentrieren. „Egal ob krank oder Nachtschicht: Ich habe immer gearbeitet, damit wieder Geld in Studentenkasse kommt“, sagt sie. Jetzt kann sie darüber lachen. Denn kurz darauf bewarb sie sich für ein Deutschlandstipendium.

Isabels herausragendes bürgerschaftliches Engagement in Inklusion und Integration imponierte einem Förderer – er übernahm ihr Stipendium. Die Stiftung möchte anonym bleiben. Das gibt es immer wieder, beispielsweise, weil es sich um prominente Persönlichkeiten handelt. Oder, weil die Spender einfach bescheiden sind und nicht im Rampenlicht stehen wollen. Fest steht: Isabel und der Förderer engagieren sich beide für soziale Projekte. „Unser Treffen hat mir total viel positive Energie gegeben“, versichert sie. Und durch die finanzielle Unterstützung im Rahmen des Deutschlandstipendiums kann sich die angehende Kunsthistorikerin jetzt wieder um Studium und Bedürftige kümmern. „Ich würde mir wünschen, es würden sich viel mehr Menschen engagieren“, betont sie. „Wenn jeder der rund 120.000 Studierenden in München jede Woche eine Stunde freiwillig arbeiten würde, würde sich in München viel ändern.“

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