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Gemeinsam liest man weniger allein

29.03.2022

Während der Coronapandemie gründeten Lisa Stengel und Eleonora Weiss die „Lesebuddies" – die Lesecommunity ist mittlerweile ein voller Erfolg!

Lisa Stengel und Eleonora Weiss sind Fachschaftsmitglieder der Germanistik und beide durch und durch lesebegeistert. Aus einer zunächst privaten Lesegemeinschaft im Frühjahr 2021 entstand eine öffentliche Community: die „Lesebuddies“.

Was war die Initialzündung für die Lese-Community?

Lisa: Für die Uni musste ich damals ein Buch lesen und wusste, dass Eleonora auch sehr gerne liest. Zu der Zeit hatten wir uns länger nicht mehr gehört wegen der Pandemie. Ich fand die Vorstellung sehr reizvoll, eine Lesegemeinschaft zu gründen und sich in zyklischen Abständen über die Leseeindrücke auszutauschen – natürlich digital. Die Treffen haben uns beiden dann so viel Spaß gemacht und wir waren überrascht, wie schnell wir gemeinsam durch das Buch kamen. Also überlegten wir, diese Idee auszuweiten. Als Fachschaftsmitglieder der Germanistik sind wir sowieso immer auf der Suche nach neuen Aktionen. Wir starteten also einen Aufruf bei Instagram für unser neues „Lesebuddy"-Programm und waren erstaunt über die große Resonanz.

Eleonora: Als Lisa mir damals ihre „Buchclub“-Idee gepitcht hat, fand ich das megacool. Ich hatte da gerade meine Masterarbeit abgegeben und mir direkt einen Stadtbibliotheksausweis machen lassen und dachte mir: Wow cool, jetzt können wir zusammen auch mal Belletristik lesen.

Die LMU-Studentinnen Eleonora Weiss und Lisa Stengel haben die Lesebuddies gegründet.

Ihr habt ein Buch mitgebracht. Warum habt ihr euch für dieses entschieden?

Lisa: Es ist das Buch, das gewissermaßen den Impuls ausgelöst hat, die „Lesebuddies“ zu gründen – „Malé“ von Roman Ehrlich. Der Roman spielt auf den Malediven in einer dystopischen, aber gar nicht zu fernen Zukunft, in der sie stark unter Wasser stehen. Es gibt verschiedene Handlungsstränge durch verschiedene Personen, die alle irgendetwas auf der Insel suchen – vermutlich Antworten auf ihr Leben.

Das Faszinierende ist, dass ich das Buch vermutlich niemals gelesen hätte, wenn es nicht Pflichtlektüre im Seminar gewesen wäre. Deshalb fragte ich damals Nora, ob es ihr ähnlich geht und sie Lust hat, das Buch gemeinsam mit mir zu lesen. Ohne die gemeinsame Leseerfahrung dieses Buches wäre das Projekt der „Lesebuddies“ vielleicht niemals entstanden.

Eleonora: Mich hätte das Buch vom Klappentext auch nicht gepackt – letztlich hat es uns beiden aber gut gefallen. Ich lese eigentlich gerne Psychothriller und Krimis und Kinder- und Jugendliteratur. Aber ich versuche jetzt mehr Literatur von Frauen und queeren Autor:innen zu lesen – und zwar abseits der Klassiker wie Astrid Lindgren. Schließlich hat jede und jeder von uns eigene Schwerpunkte und Interessen. Deshalb lohnt es sich, den eigenen Horizont zu erweitern. Und das passiert ganz natürlich, wenn man sich eine Community aufbaut.

Gibt es bestimmte Genres, die ihr bevorzugt lest?

Lisa: In der Summe lesen wir viel Belletristik, aber grundsätzlich gibt es dazu keine Vorgaben. Welches Genre wir lesen, hängt meistens sehr davon ab, was die Leute interessiert. Ich mache vor jeder Lese-Runde eine Umfrage und gebe verschiedene Optionen zur Auswahl, wie z.B. „Fach- und Sachbücher“ oder nichtfiktionale Literatur wie „Biographien“. Es ist alles erlaubt, was gefällt. Es schließt auch nicht aus, dass manche gemeinsam Fachliteratur lesen. Es kann sehr interessant sein, außerhalb des Seminarraums über Fachliteratur zu sprechen.

Wie laufen eure Treffen ab?

Lisa: Am Anfang legen wir fest, welches Buch wir als Nächstes lesen wollen. Diese Entscheidung fällt uns manchmal gar nicht so leicht, da so viele kreative und spannende Ideen haben. Sobald wir uns auf ein Buch geeinigt haben, besprechen wir das Lesepensum. Da sind wir sehr flexibel und achten auf eine gute „Life-Read-Balance“. Unsere Treffen sind aber nicht nur Lesezirkel, man kann sie auch als eine Art „Step Stone“ in soziale Kontakte betrachten. Denn mit der Zeit entsteht aus diesen Treffen heraus eine Gemeinschaft. Das war unterschwellig auch unsere Idee hinter dem Projekt.

Eleonora: Das stimmt. In jeder Gruppe entsteht auch eine eigene, sich weiterentwickelnde Dynamik, was interessant zu beobachten ist. Größtenteils stellt es sich von selbst ein, dass erfahrene Leser:innen das Gespräch zu Beginn anleiten, was sich dann im Laufe der Treffen auch auflösen kann.

Wie kann man Lesebuddy werden?

Lisa: Bei Instagram geben wir als Fachschaft bekannt, dass es eine neue Leserunde gibt. Darüber hinaus gibt es ein Formular, wo sich Interessierte in eine Liste eintragen können. Wir vernetzen die einzelnen Lesebuddies – und ab dann ist es ihnen selbst überlassen, wie und wann sie sich treffen. Corona hat da natürlich reingespielt. Digitale Treffen haben sich aber als super Option erwiesen.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft des Projekts?

Eleonora: Wir würden uns wünschen, dass sich das Projekt verstetigt und neue soziale Netzwerke dadurch entstehen und Interessierte sich austauschen und vielleicht auch eine neue Sicht und einen neuen Zugang zu Literatur bekommen und zugleich neue Literatur entdecken. Unser Ziel ist es, Pluralität zu fördern, und zwar nicht nur mit Blick auf die Autor:innen, sondern auch auf die Leser:innen.

Lisa: Im Seminarraum fühlen sich viele eingeschränkter, Leseeindrücke und Meinungen offen zu äußern. Wir träumen davon, eine „Lange Nacht des Lesens“ zu organisieren, wo man sich abends in der Uni trifft und gemeinsame Ideen entwickelt, was man als Nächstes lesen möchte. Aber das Wichtigste bleibt: Das gemeinsame Lesen soll auch in Zukunft einfach Spaß machen!

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