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Gesetzentwurf zur Sterbehilfe: Für mehr Selbstbestimmung am Lebensende

02.02.2021

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: Juristen der Universitäten Halle und Augsburg sowie der LMU legen einen neuen Gesetzentwurf vor.

Im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht das geltende Recht zum Verbot der Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Der Bundestag hatte 2015 mit einer Neufassung des § 217 im Strafgesetzbuch (StGB) die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verboten. Diese Regelung verstoße jedoch gegen das im Grundgesetz gewährte Recht auf selbstbestimmtes Sterben, so die Begründung der Karlsruher Richterinnen und Richter. „Ein Jahr nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist der Gesetzgeber jetzt aufgefordert, noch in dieser Legislaturperiode eine verfassungskonforme Regelung zu erlassen“, sagt Professor Jens Kersten, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften an der LMU, der zu den Autoren des Entwurfs gehört. Die Kontroverse um die Selbstbestimmung am Lebensende und damit um das Recht der Sterbehilfe sei „eine Debatte, die selbst in der Corona-Krise die öffentliche Diskussion prägt – eine Debatte, die alle Menschen angeht, direkt oder indirekt.“

Mit ihrem Gesetzentwurf legen die Rechtswissenschaftler aus Halle, München und Augsburg dazu einen Vorschlag vor. Er berücksichtigt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, dass dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch faktisch hinreichender Raum zur Entfaltung und Ausübung belassen bleiben muss. Zugleich versteht er sich, so schreiben die Autoren, als Mittel der Suizidprävention, die mit dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben untrennbar verbunden ist. „Es muss dem Gesetzgeber darum gehen, mehr zu leisten, als das Bundesverfassungsgericht ihm aufgegeben hat, und nicht nur schlicht den § 217 StGB abermals neu zu fassen“, sagt Professorin Birgit Schmidt am Busch, LMU, die ebenfalls zu dem Autorenteam angehört.

Vorgeschlagen wird vielmehr eine umfassende Regelung zur Selbstbestimmung am Lebensende. Auf der Grundlage der Freiverantwortlichkeit der individuellen Entscheidung zum Sterben seien Vorschläge zur Regelung des Behandlungsverzichts, der Behandlungsbegrenzung und des Behandlungsabbruchs, des Suizids und des assistierten Suizids sowie der indirekten und aktiven Sterbehilfe unterbreitet. „Dabei haben wir auch die praktischen Folgefragen einbezogen, etwa die nach dem rechtssicheren Zugang zu angemessenen Sterbehilfemitteln oder die Folgen für die Leichenschau“, erklärt Professor Henning Rosenau, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Medizinrecht der Universität Halle.

Da der Vorschlag der Juristen als Gesetzentwurf gestaltet ist, könnte dieser direkt zur Diskussion in den Bundestag eingebracht werden. „Wir hoffen, dass unser Entwurf nicht nur zur rechtswissenschaftlichen, sondern auch zur gesellschaftlichen und politischen Diskussion beiträgt, um die Selbstbestimmung am Lebensende und vor allem auch die Suizidprävention zu stärken“, so Schmidt am Busch. (MLU/LMU)

Gesetz zur Gewährleistung selbstbestimmten Sterbens und zur Suizidprävention - Augsburg-Münchner-Hallescher-Entwurf (AMHE-SterbehilfeG)

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