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Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Anglistin Irmtraud Huber

09.03.2022

Die Literaturwissenschaftlerin bekommt die wichtigste deutsche Auszeichnung für den wissenschaftlichen Nachwuchs für ihre Arbeiten zur Rolle der Zeit in der Dichtung.

Einer der diesjährigen Heinz Maier-Leibnitz-Preise geht an die Anglistin Irmtraud Huber. Die LMU-Forscherin bekommt den mit 20.000 Euro dotierten Preis, der als die wichtigste deutsche Auszeichnung für den wissenschaftlichen Nachwuchs gilt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vergeben sie an „herausragende Forscherinnen und Forscher, die sich in einem frühen Stadium ihrer wissenschaftlichen Laufbahn befinden und noch keine unbefristete Professur innehaben“. In diesem Jahr hat die zuständige Jury insgesamt vier Wissenschaftlerinnen und sechs Wissenschaftler dafür ausgewählt.

Irmtraud Hubers zentrale Forschungsgebiete sind Erzähltheorie und Lyrik, vornehmlich des 19. Jahrhunderts und der Jahrtausendwende. Dabei interessiert sie besonders das Phänomen der Zeitlichkeit. In ihrer Arbeit verbinde Huber historisch-kulturwissenschaftliche Positionen mit ästhetischem Formbewusstsein, heißt es in einer Mitteilung der DFG zum diesjährigen Heinz Maier-Leibnitz-Preis. Sie hinterfrage nicht nur Gemeinplätze herkömmlicher Genretheorie, sondern grundsätzlicher auch das in westlichen Gesellschaften vorherrschende narrative Zeitverständnis und dessen historische Wurzeln. Darüber hinaus liefere Huber wesentliche Anstöße zur grundsätzlichen Reflexion von Zeiterfahrung und -bewusstsein mittels künstlerischer Formprozesse: „Ihre Habilitationsschrift zur englischen Dichtung des 19. Jahrhunderts führt dabei beispielhaft vor Augen, welchen Gewinn diese Betrachtung auch methodologisch hat.“

Zeitvorstellungen in einer Zeit des Wandels

In der Arbeit Against Timelessness: Rethinking Poetic Time through Victorian Poetry beschäftigt Irmtraud Huber die Frage, wie sich – während der Regierungsjahre von Königin Viktoria in Großbritannien – Veränderungen im vorherrschenden Zeitverständnis auf die Produktion und Theorie der Dichtung ausgewirkt haben. In einer Zeit des Wandels, in der sich vor allem auch Zeitvorstellungen und Zeitpraktiken veränderten, sah sich eine literarische Gattung, die sich lange dem Zeitlosen, Unvergänglichen und ewig Gültigem verschrieben hatte, zunehmend gezwungen, sich neu zu erfinden. Irmtraud Huber untersucht unter anderem die Herausforderungen, welche die neue Autorität der Wissenschaft und die Erfolgsgeschichte des Romans für das Dichtungsideal der zeitlosen Wahrheit mit sich brachten.

Irmtraud Huber, Privatdozentin, ist Assistentin am Institut für Anglistik und Amerikanistik der LMU München. Nach ihrem Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Englischen Literaturwissenschaft und Theaterwissenschaft an der LMU arbeitete sie als Assistentin an der Universität Bern, wo sie mit einer Arbeit zur Literatur nach der Postmoderne promoviert wurde. Gefördert durch den Schweizerischen Nationalfonds hat sie an der Columbia University, der Cambridge University und der Queen Mary University of London geforscht. Im Sommer 2020 war Irmtraud Huber Junior Researcher in Residence am Center for Advanced Studies (CAS) der LMU. Zudem ist sie Associated Postdoctoral Fellow am Walter Benjamin Kolleg der Universität Bern.

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