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Interkulturell kommunizieren: Wie sich Missverständnisse vermeiden lassen

05.07.2023

Worauf es ankommt, damit das interkulturelle Miteinander gelingt: Interview mit Kommunikationsexpertin Aleksandra Radosavljević

Aleksandra Radosavljević, Diplom-Germanistin, ist Expertin für interkulturelle Kommunikation bei PROFiL, der Einrichtung für die Personalqualifikation von Lehrenden an der LMU. Im Rahmen der Diversity-Initiative Together@lmu bietet die Kommunikationsexpertin einen Workshop an, der allen interessierten Mitarbeitenden der LMU offensteht.

Um Missverständnisse zu vermeiden, muss man sich gerade im Digitalen immer konkreter ausdrücken.

Im persönlichen Umgang kommunizieren wir auf drei Ebenen: der verbalen, der nonverbalen und auf der paraverbalen.

© Jan Greune

Worauf kommt es an, damit interkulturelle Kommunikation gelingt?

Aleksandra Radosavljević: Der erste Schritt ist, sich mit der eigenen Kultur auseinanderzusetzen. Es geht zuallererst gar nicht darum, den genauen Hintergrund des Gegenübers zu kennen und die Kultur des anderen zu verstehen – das ist ja gerade in der Tiefe und Differenzierung oft nicht immer möglich. Viel wichtiger ist es, die eigene Prägung zu reflektieren, und sich darüber klarzuwerden, dass das, was für mich selbstverständlich ist, für eine andere Person völlig ungewohnt sein kann.

Pünktlichkeit ist zum Beispiel oft ein Thema. Es gibt Länder mit flexiblen Zeitkulturen, in denen zeitliche Vereinbarungen großzügiger ausgelegt werden. Es hilft, das zu wissen, um etwa die Verspätung eines Gastes nicht persönlich zu nehmen. Im zweiten Schritt kann ich mich dann fragen, wie gehe ich damit um? Wie kann ich zum Beispiel einen Kollegen oder eine Studentin, die immer zu spät kommt, darauf hinweisen, dass mich das stört und ich Pünktlichkeit erwarte?

Wo treten in der interkulturellen Kommunikation besonders häufig Missverständnisse auf – und wie lassen sie sich vermeiden?

Zunächst einmal ist es wichtig, sich darüber bewusst zu werden, dass wir alle unterschiedlich geprägt sind und nicht dieselben Dinge für selbstverständlich halten. Nehmen Sie das Beispiel eines Studenten, der ein Referat halten soll. Wenn Sie sich in die Rolle der Dozentin versetzen, ist es hilfreich, zunächst einmal darauf genau hinzuweisen, was Sie von einem Referat erwarten, denn auch die Anforderungen an Studierende sind überall verschieden – womöglich sogar innerhalb des eigenen Instituts. Im zweiten Schritt geht es dann zum Beispiel um das Feedback.

Die Art und Weise, wie Menschen Feedback geben und auffassen, ist vermutlich ein häufiger Quell für Missverständnisse.

Wie direkt oder indirekt Kritik geäußert wird, ob das vor anderen geschieht oder nur unter vier Augen, das ist überall auf der Welt verschieden – übrigens nicht nur in unterschiedlichen Ländern, sondern häufig auch innerhalb einer Gesellschaft. Auch in unserer eigenen Kultur sind wir nicht alle in der gleichen Weise in der Lage, zwischen sachlicher Kritik am Inhalt zum Beispiel eines Referats und persönlicher Kritik am Vortragenden zu unterscheiden. Ich selbst komme aus Serbien, und auch für mich war das am Anfang ungewohnt: Ich hielt einen Vortrag, und hinterher wurde darüber diskutiert. Ich musste erst verstehen, dass die Debatte keine Kritik war, sondern das Thema vielmehr bei den Teilnehmenden Interesse geweckt hatte. Es war also ein positives Zeichen, dass eine lebhafte Diskussion darauf folgte.

In Lehrsituationen, aber zum Beispiel auch in Meetings oder vor einem Personalgespräch ist es für alle Beteiligten hilfreich, vorher konkret zu formulieren, welchen persönlichen Kommunikationsstil man selbst pflegt, auf welche Weise man Feedback gibt – und auch, ob und wie man sich gegebenenfalls selbst Kritik wünschen würde. Das, was wir in Deutschland unter kritischem Denken verstehen – Dinge zu hinterfragen, in ein kreatives Gespräch zu kommen und Erkenntnisse gemeinsam zu vertiefen – gibt es in vielen Kulturen nicht in derselben Form. Das hat auch mit einem unterschiedlichen Umgang mit Autorität und Hierarchien zu tun. Wenn dieser Unterschied transparent ist und klar kommuniziert wird, lassen sich viele Missverständnisse im Vorhinein vermeiden.

Beobachten Sie als Expertin für interkulturelle Kommunikation, dass die Menschen in der globalisierten Gesellschaft sensibler geworden sind für kulturelle Unterschiede?

Mir fällt auf, dass sich konkret in den letzten zwölf Jahren und insbesondere auch noch einmal durch die Corona-Zeit vieles verändert hat. Wir haben durch das Aufkommen von Smartphones und die Zunahme an digitaler Kommunikation viel mehr Möglichkeiten als früher, um mit Menschen aus anderen Kulturen in Austausch zu treten. Auch nach dem Studium bieten sich inzwischen viele Perspektiven, sich international zu orientieren

Gleichzeitig beobachte ich, dass es eine Notwendigkeit gibt, sich gerade im Digitalen immer konkreter auszudrücken, um Missverständnisse zu vermeiden. Im persönlichen Umgang kommunizieren wir auf drei Ebenen: der verbalen, also wörtlichen, der nonverbalen, also über Körperhaltung, Mimik und Gestik, und auf der paraverbalen, über die Stimme.

In digitalen Meetings fehlt insbesondere die nonverbale Ebene, die Körpersprache. Wie begrüßen wir uns? Wie nah stehen wir beisammen? Wie gestikulieren wir? Wie gehen Blicke im Raum hin und her, welcher Subtext vermittelt sich dabei? Durch die digitale Kommunikation ist Nähe verlorengegangen, was häufig zu Unklarheiten führt. Auch dafür hilft es, transparente Kommunikation zu üben.

Aleksandra Radosavljević: Expertin für Interkultureller Kommunikation bei PROFIL

Aleksandra Radosavljević: Expertin für Interkulturelle Kommunikation bei PROFIL | © Nicole Zausinger Fotografie

Workshop: Sicherer Umgang im interkulturellen Miteinander

Am 13. und 14. Juli 2023 bietet Aleksandra Radosavljević einen Workshop für Mitarbeitende der LMU an. Leitziel des Workshops ist es, dass die Teilnehmenden Methoden erlernen für einen sichereren Umgang mit sprachlichen und kulturellen Unterschieden, und sie ihre Erkenntnisse im Universitätsalltag praktisch anwenden können. Es gibt kurze Impulsvorträge, Gruppenarbeit und Erarbeitung persönlicher Beispiele, die für Schwierigkeiten, aber auch Chancen im interkulturellen Austausch sensibilisieren.

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