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KI für die Kunstgeschichte

28.11.2023

Am Institut für Kunstgeschichte wird ein Algorithmus entwickelt, der Ähnlichkeiten zwischen Bildern transparent macht.

Barbarische Riten und seltsame Schwüre soll es bei der Verschwörung des Fürsten Claudius Civilis im ersten Jahrhundert nach Christus gegeben haben, als er einen Aufstand gegen Rom befehligte. Der niederländische Maler Rembrandt van Rijn hat eine solche Szene bildlich festgehalten. Statistikerin und Kunsthistorikerin Stefanie Schneider erläutert anhand dieses Gemäldes, wie viele verschiedene Aspekte eine Rolle spielen, um Bilder miteinander vergleichen zu können, etwa: Wie ist das Geschehen dargestellt? Mit welchen Materialien hat der Künstler gearbeitet? Und in welchem geschichtlichen Zusammenhang ist das Bild zu verorten? Um dafür künftig auch die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz nutzen zu können, ist am Institut für Kunstgeschichte der LMU das Projekt „Reflexionsbasierte künstliche Intelligenz in der Kunstgeschichte“ gestartet.

Ein Team unter der Leitung von Professor Hubertus Kohle, Inhaber des Lehrstuhls für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte der LMU, und Professor Ralph Ewerth, Leiter der Forschungsgruppe Visual Analytics der Technischen Informationsbibliothek (TIB) Hannover, arbeitet daran, eine KI zu entwickeln und mit dem nötigen kunsthistorischen Wissen zu trainieren, damit sie als Werkzeug in der kunsthistorischen Forschung bei der Bewertung von Bildähnlichkeiten unterstützen kann. Das Projekt wird im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Das digitale Bild“ gefördert.

Sechs Ausschnitte aus Gemälden zeigen je eine Führungspersönlichkeit

In verzerrten KI-Modellen werden geschlechtsspezifische Merkmale wie Bart oder langes Haar als Merkmale von herrschenden Personen verwendet, in unverzerrten Modellen eher Krone und Reichsapfel.

© RelfectAI

Das Ziel des interdisziplinären Teams, in dem Forschende aus der Kunstgeschichte und der Informatik zusammenarbeiten, ist es, einen Algorithmus zu entwickeln, dessen Entscheidungsprozess nachvollziehbar ist. „Wir wollen den Prozess, wie die KI zu ihrem Ergebnis kommt, transparent machen und visualisieren“, sagt Stefanie Schneider, Wissenschaftliche Assistentin für Digitale Kunstgeschichte am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte der LMU.In einem ersten Schritt werden Verfahren der automatisierten Bildanalyse wissenschaftshistorisch untersucht und ein Datenbestand aus Bildern und Texten aufgebaut, mit dem der Algorithmus trainiert wird. Dabei nutzen die Forschenden zum Beispiel frei zugängliche Metadaten von Museen und Bildern, an denen die Urheberrechte inzwischen abgelaufen sind, da Urheberin oder Urheber bereits mindestens 70 Jahre zuvor verstorben sind. Damit die KI keine Vorurteile reproduziert – zum Beispiel, weil in den Trainingsdaten in bestimmten Bereichen weniger Künstlerinnen als Künstler repräsentiert sind –, soll auf mögliche Verzerrungen und deren Ursache beim Suchergebnis hingewiesen werden. Dafür soll unter anderem untersucht werden, welche Auswirkungen bestimmte Textressourcen auf das Ergebnis haben.

Das Ziel des Projekts ist es, durch die transparente Darstellung der methodischen Hinweise auch Akzeptanz für den Einsatz von KI in den Kunstwissenschaften zu fördern. „Der Kunsthistoriker wird durch die KI nicht abgeschafft. Das System wird Vorschläge machen, die kunsthistorisch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geprüft werden müssen“, sagt Stefanie Schneider.

Als wissenschaftliche Mitarbeiter am Projekt beteiligt sind zudem Julian Stalter und Maximilian Kristen von der LMU sowie Matthias Springstein und Eric Müller-Budack von der TIB Hannover.

Mehr zum Projekt ReflectAI:

Das digitale Bild: Reflexionsbasierte Künstliche Intelligenz in der Kunstgeschichte

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