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„Man muss sich immer wieder neu auf Situationen einlassen“

04.06.2021

Von akademischen Kooperationen und interkulturellen Herausforderungen: Als Mitarbeiterin des International Office betreut Dr. Dongmei Zhang internationale Promovierende.

Porträt von Dr. Dongmei Zhang

Das Büro von Dr. Dongmei Zhang könnte auch eine Ausstellung sein: So viele Erinnerungen und Mitbringsel aus der ganzen Welt. | © LMU

Das Geklapper von Absatzschuhen nähert sich schnell auf den Holzfluren der Universität. Dann biegt Dongmei Zhang um die Ecke, Sonnenbrille hochgesteckt, Aktentasche in der Hand und ein strahlendes Lächeln im Gesicht: „Entschuldige, dass ich zu spät komme, der Termin auf der Botschaft hat wieder einmal ewig gedauert!“ Das beschreibt Zhangs Arbeit an der LMU eigentlich schon einmal ganz gut: Immer im Kontakt mit asiatischen Botschaften, viele Termine, viel zu tun und dabei stets voller Freude und Elan an der Arbeit.

Aber was genau ist eigentlich ihre Aufgabe? „Ich arbeite im International Office der LMU hier vor allem im Bereich der akademischen Kooperationen mit China sowie Tokio und Singapur. Ich betreue verschiedene Projekte, doch gerade beschäftige ich mich besonders viel mit dem chinesischen Doktorandenprogramm LMU-CSC.“ Um die 40 Doktorandinnen und Doktoranden kommen mit diesem Programm jedes Jahr aus China an die LMU und beginnen hier ihre Promotion. Und Zhang kennt sie alle persönlich. Sie ist für das Organisatorische, etwa Bewerbung, Auswahl, Beratung, Kontakt mit den Kooperationspartnern, ebenso verantwortlich wie für die direkte Betreuung vor Ort. Sie muss lächeln: „Damit meine ich nicht nur die chinesischen Doktoranden. Auch die deutschen Professorinnen und Professoren, die sie betreuen, holen sich ab und an Rat und Unterstützung bei mir.“

Zwischen bayerischer Kultur und aufgeregten Doktoranden

Dongmei Zhang ist in Peking geboren und aufgewachsen und hat dort ihren Doppel-Master in Biologie und amerikanischer und englischer Literatur absolviert. Durch eine Familienfreundschaft eines deutschen Ehepaares hat sie im Jahr 2003 zum ersten Mal Deutschland besucht. Danach kam sie jedes Jahr kurz nach Deutschland. „Das Ehepaar lebt in Bad Reichenhall und durch sie habe ich Deutschland kennen und lieben gelernt.“ Sie lacht: „Und auch die bayerische Kultur!“

Umso leichter fällt es ihr nun, die Probleme und Sorgen der internationalen Doktoranden nachzuvollziehen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. „Die Doktoranden kommen hier an und haben oft die Erwartung an sich selbst, dass sie sich problemlos hier einfinden können“, erzählt sie. „Dabei geht das gar nicht so reibungslos, sie sind schließlich in China aufgewachsen, haben die dortige Lebensweise verinnerlicht und auch nur das chinesische Bildungssystem kennengelernt.“ In China werden die Studierenden etwa immer mit konkreten Aufträgen betraut, in Deutschland wird an der Universität vor allem Selbstständigkeit gefordert, ganz besonders bei Abschlussarbeiten. „Da finde ich es besonders wichtig, ihnen Geduld mitzugeben und zu zeigen, dass es normal ist, sich am Anfang schwerzutun. Auch manche der Professoren sind zu Beginn etwas verloren, weil sie eben nur die sehr geradlinig arbeitenden deutschen Studierenden kennen.“

„Ich wollte mich nie auf nur ein Fach festlegen“

© LMU

Da hilft es ganz besonders, dass Zhang nicht nur die interkulturellen Differenzen kennt, sondern auch viele verschiedene wissenschaftliche Bereiche. „Ich habe ganz klassisch angefangen, Biologie zu studieren“, erzählt Zhang. Bald merkte sie aber, dass sie sich nicht nur auf einen Fachbereich konzentrieren wollte, sondern sich für viel mehr interessiert. „Meine Eltern wünschten sich natürlich nur das Beste für mich und wollten deshalb, dass ich etwas mit guten Aussichten studiere.“ Sie muss in der Erinnerung daran schmunzeln: „Dann habe ich meinen Vater gefragt, ob er wirklich glaubt, dass ich nur Biologin werden möchte, wenn mich doch so vieles anderes auch begeistert.“ Und so war klar, dass Zhang ihr Interesse weiter ausschöpfen wollte. „Bald habe ich angefangen, nebenbei noch japanisch zu lernen. Und dann wurde mir klar, dass ich auch noch englische und amerikanische Literatur studieren möchte.“ Kurzerhand entschied sie sich für einen Doppelabschluss im Bachelor und im Master.

Das Interesse an vielfältigen Themen und Aufgabenbereichen begleitet Zhang seitdem. Ob es auf einer ihrer zahlreichen Europareisen ist, während welcher sie Kirchen besucht und durch ihr Studium zuordnen und analysieren kann, oder ob es im Gespräch mit den Professorinnen und Professoren ist, die dank ihrer Fächerkompetenz ihre Wünsche und Schwierigkeiten problemlos teilen können.

Doch wie kam sie denn überhaupt an die LMU?

Zhang muss lächeln, wie sie es überhaupt oft tut: „Auch das war ein verschlungener Weg. Schon während meines Masterstudiums war ich sehr an deutscher Kultur interessiert. Immer donnerstagabends gab es einen Filmabend, der von einem hübschen jungen Lehrer aus Salzburg geleitet wurde“, sie lacht. „Bei der deutschen Familie in Reichenhall habe ich mich dann auch so schnell so wohl gefühlt.“ Sie entschied sich für einen wissenschaftlichen Gastaufenthalt an der LMU und als dieser nach einem Jahr endete, bewarb sie sich für eine Promotion. „Ich konnte mich zuerst nicht entscheiden, in welchem Fach ich denn promovieren möchte, habe mich dann aber für Psychologie und Pädagogik entschieden, da hat mir auch mein Wissen aus der Biologie sehr geholfen.“ Sie erforschte die interkulturelle Ausrichtung von chinesischen Studierenden während ihres Studiums in Deutschland und danach.

Die interkulturelle Perspektive spielte schon immer eine große Rolle in Zhangs Leben und als das International Office eine projektbezogene Stelle ausschrieb, wurde sie von ihrem Doktorvater gleich vorgeschlagen. „Ab 2014 war ich nach meiner Promotion an der LMU angestellt. Ich finde meine Arbeit hier so reizvoll und wertvoll, weil ich vielen chinesischen Doktoranden helfen kann, auf akademischer, menschlicher oder privater Ebene. Das gilt auch für die Professoren, da sind immer interkulturelle Lösungsansätze gefragt, das finde ich so spannend. Auch wenn wir das schon jahrelang machen, diese interkulturellen Differenzen bleiben immer bestehen und man muss sich immer wieder neu einlassen.“

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