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Medizin trifft Kunst

14.08.2023

Das Department Kunstwissenschaften hat seine Siebdruckwerkstatt saniert. Ein Projekt bringt Allgemeinmedizin und Kunstwissenschaften einander näher.

Studierende der Kunstwissenschaft mit Schutzbrille in der Siebdruckwerkstatt

Beim Siebdruck sind viele verschiedene Arbeitsschritte nötig. | © LMU/Institut für Kunstpädagogik

Eingetrocknete Farbkleckse in einem Untergeschossraum der Fakultät für Psychologie und Pädagogik zeugen von dem, was einmal war – und nun wieder zum Leben erwacht ist: die Siebdruckwerkstatt des Departments Kunstwissenschaften der LMU. In den 1980er-Jahren wurde jene Werkstatt erstmals eingerichtet. Aufgrund neuer Sicherheitsbestimmungen und veralteter Ausstattung gab es in den vergangenen Jahren jedoch eine lange Nutzungspause.

Günter Stöber, Akademischer Oberrat am Institut für Kunstpädagogik, und Johanna Winkler vom Department Kunstwissenschaften haben sich für eine Sanierung eingesetzt. Dies ermöglichte im diesjährigen Sommersemester eine erneute Öffnung der Siebdruckwerkstatt. Damit wurde ein Ort der Begegnung geschaffen: für das Kunstwissenschaftliche Institut und darüber hinaus. Entstanden ist zunächst ein fächerübergreifendes Kooperationsprojekt mit dem Institut für Allgemeinmedizin. „Der Austausch über Bilder von medizinischer Forschung und Kunstwissenschaften hat eine lange Tradition – von Leonardo bis zu den heutigen KI-Techniken”, so Günter Stöber.

Allgemeinmedizin wird greifbar

Studierende der Kunstwissenschaft in der Siebdruckwerkstatt beim Drucken ihrer Arbeit

Studentin des Siebdruckkurses beim Drucken | © LMU/Institut für Kunstpädagogik

Studierende der Kunstwissenschaften haben in jenem Untergeschossraum über Monate Siebdrucke erstellt. Das Ziel: eine Vernissage am Ende des Semesters im Institut für Allgemeinmedizin. Unter der Anleitung von Eva Blanché, Dozentin der Kunstpädagogik, konnten die Studierenden in der Werkstatt kreativ werden, von der Skizze bis hin zum fertigen Druck. „Es ist schön, dass die Siebdruckwerkstatt nach außen sichtbar gemacht wird“, so die Dozentin über das Projekt.

Das Thema der Drucke: die Allgemeinmedizin. Was zunächst abstrakt klingt, nimmt durch die entstandenen Siebdrucke eine bunte und greifbare Form an. In Auftrag gegeben wurden die Werke von Professor Jochen Gensichen, Direktor des Instituts am LMU-Klinikum, seiner Referentin Sandra Nauerz und Andrea Bischhoff, Geschäftsführerin der Stiftung Allgemeinmedizin.

Der Gedanke dahinter: Medizin greifbar zu machen. „Wir können mithilfe der Kunst die Themen, die uns wichtig sind, außerhalb von Wissenschaft, außerhalb von Arzt-Patienten-Beziehung, außerhalb von Praxis und Krankenhaus anders mitteilen und uns verständlich machen“, sagt Jochen Gensichen.

Entstanden sind 15 Werke von sieben Studierenden, die auf individuelle Art und Weise ihren Bezug zum Thema Medizin künstlerisch umgesetzt haben.

Inspiration beginnt im eigenen Umfeld

Die Kunstschaffenden haben sich von eigenen Erfahrungen oder jenen aus dem Bekanntenkreis inspirieren lassen: „Siebdruck ist keine spontane Technik, man muss planen, die einzelnen Arbeitsschritte sind zeitaufwendig“, erläutert Dozentin Eva Blanché die Herangehensweise der Studierenden.

Drucke der Studentin Mira Gunzelmann zeigen zum Beispiel Sätze einer chronisch kranken Person, zu deren alltäglichem Leben der Kontakt mit Ärzten und die Einnahme von Medikamenten gehört. „Ich habe viele Sätze aufgeschnappt“, sagt die Künstlerin. Fragmente der Aussagen hat Mira Gunzelmann in textbasierten Mixed-Media-Werken verarbeitet.

Eine Vernissage als Ort der interdisziplinären Begegnung

Bilder in leuchtenden Farben und mit bunten Motiven sind die Ergebnisse der Kooperation von Kunst und Medizin, die nun einen nachhaltigen Eindruck in den Räumen des allgemeinmedizinischen Instituts hinterlassen. Ende Juli wurden die Werke nach langer Schaffensphase im Zentrum für Allgemeinmedizin erstmals ausgestellt.

Die Studierenden des Siebdruckkurses betonen, wie sehr sie der Austausch bereichert hat. Für die meisten ist es die erste Ausstellung in ihrer bisherigen kreativen Laufbahn. Elisabeth Märtin ist eine der Studierenden des Kurses. Sie interessiert sich für den Austausch von Medizin und Kunst. „Das ist spannend und kann einiges bewirken“, so die Studentin. „Durch Kunst kann man Themen ansprechen, die durch Worte nicht erreichbar sind.“ Der Titel der Ausstellung „Diagnose: Kunst“ greift diesen Gedanken auf.

Mediale Begleitung des Projekts

Studierende der Kunstwissenschaften der LMU

Gruppenbild des Kunstmanagementkurses mit Dozentin Johanna Winkler | © LMU/Institut für Kunstpädagogik

Eine erfolgreiche Vernissage benötigt entsprechende organisatorische Vorbereitungen. Auch in diesen Prozess wurden die Studierenden der Fakultät Kunstwissenschaft eingebunden. Johanna Winkler begleitete die Kooperation zusammen mit Studierenden des Nebenfachs Kunst, Musik, Theater an der LMU organisatorisch. Der Kurs hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Projekt zu dokumentieren und medial zu verbreiten. Entstanden sind unter anderem eine Website, ein Ausstellungskatalog und Posts für den LMU-Takeover-Kanal. Fotografien der Studierenden erlauben Einblicke in den Arbeitsprozess des Siebdrucks. Jener ist in aufwendige einzelne Arbeitsschritte gegliedert: von dem Belichten der Siebe bis zum fertigen Druck.

Dozentin Johanna Winkler beschreibt die Wiederaufnahme der Siebdruckwerkstatt als „Herzensprojekt“: „Gemeinsam mit meinen Studierenden bewegten wir uns das letzte Semester zwischen zwei Welten – der Allgemeinmedizin und der Kunst. Wir waren hauptverantwortlich für die Kommunikation und das Projektmanagement eines Projektes, von dem wir selbst noch nicht genau wussten, welche Form es annehmen wird.“

„Ein ungewöhnliches Pärchen“

Das Engagement aller Seiten hat sich ausgezahlt, wie bei der Vernissage sichtbar geworden ist, die mit dem Sommerfest des Instituts für Allgemeinmedizin zusammenfiel.

Nach begrüßenden Worten von Jochen Gensichen beschreibt Professorin Alexandra Kertz-Welzel als stellvertretende Direktorin des Departments Kunstwissenschaften die Medizin und Kunst zunächst als ein „Pärchen, das so gar nicht zusammenzupassen scheint“ und doch mehr Schnittstellen aufweist, als zunächst erwartet: „Es geht um Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod, Grenzerfahrungen und intensive Bewegungen“, so Kertz-Welzel. „Wir brauchen mehr solcher Kooperationen von Partnern, deren Verbindung zunächst ungewöhnlich scheint, die aber inspiriert und aus deren spannungsreicher Begegnung für beide Seiten Neues entsteht.“

Mehr zum Projekt „Diagnose Kunst“:

Kooperationsprojekt: Diagnose Kunst

Instagram: Takeover des Projektteams

Institut für Kunstpädagogik: Kooperationsprojekt „Kunst für die Allgemeinmedizin

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