News

MMS ScienceCon – Der sanfte Einstieg in die Wissenschaft

27.06.2024

Ein großer Teil der Mediziner und Medizinerinnen hatte vor dem Studium noch nie etwas mit Laboren und Konferenzen zu tun. Nach der Munich Medical Student ScienceCon ist allen klar: Sie können das. Und vor allem wissen sie, ob sie es überhaupt wollen.

Die ersten vier großen Paper für ihr Forschungsprojekt hat sich Roxana Maximeasa damals am Meer durchgelesen. Sie hat sie kurz vor dem Urlaub ausgedruckt, mitgenommen und ist am Strand in die Welten von Calcium bindenden Proteinen und Signaltransduktionskaskaden eingetaucht. „Da habe ich mich zum ersten Mal wie eine kleine Forscherin gefühlt”, sagt die Medizinstudentin. Zurück in München verbrachte sie im Rahmen des Forschungsmoduls etliche Stunden im Labor. Sie lernte, wie man Zellen in Kultur hält, führte molekularbiologische Experimente durch und pipettierte so lange Flüssigkeit aus Reaktionsgefäßen, bis am Ende nur noch der feste Bodensatz übrig blieb. Ihre Ergebnisse präsentierte sie anschließend auf der ScienceCon, der Studierenden-Forschungskonferenz der Medizinischen Fakultät.

Das Forschungsmodul und die ScienceCon gibt es schon seit 2017. Die Konferenz ist immer größer geworden, mittlerweile gibt es dort Vorträge von internationalen Forschenden. Studiendekan Professor Michael Meyer wollte seinen Medizinstudierenden damals ermöglichen, schon früh in die Forschung einzutauchen. Sie sollten einen Einblick bekommen, herausfinden, ob das ein Weg für sie sein könnte. „Es gibt dir einen so sicheren Raum, alles auszuprobieren”, sagt Maximeasa. Vor zehn Jahren war sie noch überzeugt: stundenlang im Labor sitzen, das ist nichts für sie. Mittlerweile zitiert die Studentin Peter Vajkoczy, einen der renommiertesten Neurochirurgen weltweit: Die Forschung sei der kreativste Moment im Leben eines Mediziners.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der MMS Science Con

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ScienceCon - jedes Jahr werden es mehr.

© LMU
Jihee Kim bei ihrem Vortrag auf der Science Con

Jihee Kim bei ihrem Vortrag auf der Science Con | © LMU

Auf der ScienceCon 2024 präsentieren 26 Studierende aus dem letzten Jahrgang ihre Ergebnisse im Biomedizinischen Zentrum in Planegg. Den ersten Vortrag wird Tobias Siegmund halten. Der Student befindet sich in seinem vierten Semester. Für sein Forschungsprojekt landete er im Pharmazielabor von Professorin Olivia Merkel. Dort untersuchte er, ob ein Modell zur Metastasierung von Brustkrebszellen auch auf Lungenkrebs ausgeweitet werden kann. Siegmund brachte während seiner Semesterferien die Zellen zum Wachsen, löste sie auf und analysierte die Proteine. Für das Forschungsmodul sind 160 Stunden im Labor vorgesehen, irgendwann, ungefähr bei 200 Stunden, hörten er und sein Betreuer, ein Ph.D aus Rom, auf zu zählen. Trotzdem: Siegmund würde keine Stunde zurückgeben wollen. In der Schule hat er sich irgendwann Fragen gestellt, die der Lehrer nicht mehr beantworten konnte. Sein Ph.D im Labor sagte ihm: „Ich kann dir diese Fragen auch nicht beantworten, aber ich kann dir zeigen, wie du sie dir vielleicht selbst beantworten kannst.” Siegmund will jetzt eine experimentelle Doktorarbeit machen, später vielleicht in der Orthopädie arbeiten, schauen, wie sich das Handwerkliche mit der Forschung vereinen lässt. „Die Neugier ist der Hauptmotivator”, sagt er.

Die Studierenden machen das alles freiwillig. Das zweisemestrige Forschungsmodul und die ScienceCon sind keine Pflichtveranstaltungen und trotzdem bewerben sich jedes Jahr um die 70 Studierende auf die Plätze - und lernen, dass sie das alles schaffen können. Jihee Kim ist die studentische Koordinatorin, hilft den Studierenden mit Workshops und war vor einigen Jahren selbst bei der ScienCon dabei. Vor dem Forschungsmodul hatte sie Respekt. Das einzige Mal, dass sie eine Pipette in der Hand hielt, war noch zu Schulzeiten, in einem Labor stand sie sowieso noch nie, von Abstracts hatte sie auch keine Ahnung. Aber alles klappte. „Das ist ein ganz sanfter Einstieg in die Wissenschaft”, sagt sie. „Danach kann man sich besser vorstellen, ob man in die Forschung gehen will oder nicht.”

News

Mehr aus dem LMU-Newsroom: Medizin trifft Kunst

Weiterlesen

Viele wollen, sagen Dr. Romana Ruiß und Dr. Johanna Canady. Die beiden sind die Koordinatorinnen des Forschungsmoduls und der ScienceCon und stolz darauf, was die Studierenden jedes Jahr leisten. „Zu sehen, wie die Medizinstudierenden nach einem Monat Praktikum ihre Ergebnisse vor so vielen Menschen präsentieren, und das noch auf Englisch, begeistert mich einfach”, sagt Ruiß. „Sie präsentieren zum ersten Mal in ihrem Leben ein Forschungsprojekt und beantworten im Anschluss daran die Fragen aus dem Publikum so gut, dass man denken könnte, sie wären bereits Doktoranden.” Manchmal entstehen darüber hinaus sogar weiterführende Projekte. Zwei ehemalige Forschungsmodulanten riefen das Student Medical Journal ins Leben, um der studentischen Forschung eine offizielle Plattform zu geben. Maximeasa wird das Journal auf der diesjährigen ScienceCon vorstellen. Studierende aus allen Disziplinen können auf der Plattform ihre Forschung zu biomedizinischen Themen einreichen, sich vernetzen, ausprobieren, Fragen stellen. Darum geht es ja am Ende. Die Fragen hören nie auf, man braucht nur einen Raum, um ihnen nachgehen zu können. „Durch das Modul, durch die ScienceCon wird in den Studierenden etwas geweckt”, sagt Canady.

Maximeasa will später an einem Uniklinikum arbeiten, dort ist Forschung Teil des Alltags. Die Neurochirurgie interessiert sie besonders. Man wisse noch so wenig in diesem Bereich, trotzdem müsse man die Patienten und Patientinnen ja behandeln, sagt sie. „Am Ende des Tages werde ich trotzdem noch Fragen haben und dann gehe ich noch kurz ins Labor.” Sie weiß ja jetzt, wie es geht.

Wonach suchen Sie?