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MUG-Preise für LMU-Nachwuchsforscherinnen und -forscher

15.07.2025

In diesem Jahr bekommen sechs Promovenden und zwei Habilitanden Förderpreise der Münchener Universitätsgesellschaft verliehen.

Jedes Jahr zeichnet die Münchener Universitätsgesellschaft Nachwuchsforschende aus den verschiedensten Fachbereichen mit Förderpreisen für ihre herausragenden Promotionen und Habilitationen aus. In diesem Jahr reicht die Themenvielfalt von innovativen Verfahren zur Krebs-Früherkennung bis zur Frage, ob neuartige Risiken durch Künstliche Intelligenz (KI) neue strafrechtliche Konzepte erforderlich machen.

Die Promotionsförderpreise

Shubo Zhao

© Michael Till

Wie Zellen mit RNA-Schäden umgehen

Dr. Shubo Zhao, Fakultät für Chemie und Pharmazie, erhält einen Promotionspreis für ihre Dissertation „Cellular responses to nucleic acid-protein crosslinks“.

DNA und RNA sind zentrale Träger genetischer Information – und täglich Angriffen durch UV-Strahlung oder Stoffwechselprodukte ausgesetzt. In ihrer Promotion untersuchte Shubo Zhao, wie Zellen auf Schäden an DNA und RNA reagieren. Dabei entdeckte sie einen neuen Mechanismus, mit dem Zellen den Einsatz eines wichtigen DNA-Reparaturenzyms regulieren. Gleichzeitig etablierte sie eine neue Forschungsrichtung zur zellulären Reaktion auf RNA-Schäden – ein bislang kaum verstandenes Feld.

Um diese Untersuchungen zu ermöglichen, entwickelte Zhao eine Methode, mit der sich gezielt RNA-Schäden in Zellen auslösen lassen. Dabei zeigte sie, dass solche Schäden hochtoxisch sind, und identifizierte einen neuartigen zellulären Reparaturweg für beschädigte RNA. Ihre Arbeit liefert neue Einblicke in den Umgang von Zellen mit geschädigter RNA und prägt ein entstehendes Forschungsfeld entscheidend mit. Nach ihrer Zeit als Postdoktorandin wurde Zhao als Professorin an die Jilin-Universität in China berufen und ist derzeit als Gastwissenschaftlerin an der LMU tätig.

Andrea Franziska Böhnisch

© Heidi Foto GmbH

Hitzewellen und Dürren im Wandel

Dr. Andrea Franziska Böhnisch, Fakultät für Geowissenschaften, wird für ihre Dissertation „Strukturen atmosphärischer Gefahren in Europa“ ausgezeichnet.

Wie sich Hitzewellen und Dürren in Europa unter dem Einfluss natürlicher Klimaschwankungen und der globalen Erwärmung verändern, untersucht Andrea Böhnisch in ihrer Arbeit. Diese Gefahren treten zunehmend gleichzeitig auf und stellen große Risiken für Mensch und Umwelt dar. Im Fokus ihrer Arbeit stehen klimatische Wechselwirkungen, Hitze- und Dürremuster sowie sogenannte „compound events“ – also gleichzeitige Hitze- und Trockenperioden.

Zur Analyse nutzt Böhnisch moderne Klimamodellierung, insbesondere sogenannte SMILES – große Ensembles von Klimasimulationen mit leicht variierten Ausgangsdaten. Diese ermöglichen detaillierte Simulationen künftiger Entwicklungen und liefern neue Einblicke in die Dynamik und Variabilität extremer Klimaereignisse. Ihre Ergebnisse verbessern das Verständnis klimatischer Risiken und bilden eine wichtige Grundlage für regionale Anpassungsstrategien. Böhnischs Arbeit ist ein bedeutender Beitrag zur Klimaforschung und zur praktischen Bewertung von Hitze- und Dürregefahren in Europa.

Tim Heinkelmann-Wild

© David Fisher (Fisher Studios)

Weltmacht vs. Weltordnung

Dr. Tim Heinkelmann-Wild, Sozialwissenschaftliche Fakultät, erhält den Promotionsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft für seine Arbeit „After Exit: Alternative Leadership and Institutional Resilience after Hegemonic Withdrawal“.

In welchem Verhältnis stehen staatliche Macht und internationale Ordnung? Wie können internationale Institutionen den Rückzug einer Hegemonialmacht verkraften, die sie über Jahre geschaffen, gestützt und geprägt haben? Diesen hochrelevanten, aktuellen Fragen stellt sich Tim Heinkelmann-Wild in seiner Dissertation und entwickelt dabei eine Leadership Transition Theory, die eine überzeugende Erklärung für die unterschiedliche Widerstandsfähigkeit internationaler Institutionen liefert. Empirisch untersucht die Arbeit sowohl eine umfassende Datenbank zum Rückzug der USA aus internationalen Organisationen und Verträgen nach 1945 als auch Fallstudien zur Resilienz verschiedener Institutionen. Der Autor zeigt, dass der Rückzug etwa der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht zwangsläufig einem „Todesstoß“ gleicht: Vielmehr können internationale Institutionen den Rückzug von Hegemonialmächten dann überdauern, wenn alternative Führungsmächte wie etwa die EU einspringen.

Tim Heinkelmann-Wild ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft der LMU und derzeit Visiting Scholar am Department of Politics and International Studies (POLIS) an der University of Cambridge.

Stephanie Frenz-Wießner

© UCLA / Yue Wang

Knochenmark-Organoide zur Entschlüsselung von Gendefekten

Dr. Stephanie Frenz-Wießner, Medizinische Fakultät, bekommt einen Promotionsförderpreis für ihre Arbeit über ,,Stem cell-derived bone marrow organoids to model pediatric bone marrow failure syndromes“.

Welche Gene und Signalwege steuern die Differenzierung und Funktion des menschlichen Blut- und Immunsystems? Um diese Fragen weiter zu entschlüsseln, erforschte Stephanie Frenz-Wießner in ihrer Doktorarbeit einen neu identifizierten Gendefekt, der mit angeborenem Knochenmarkversagen in Verbindung steht. Um die zellulären Mechanismen in einem Modell der Knochenmarknische zu untersuchen, konzipierte sie ein innovatives Protokoll zur Erzeugung menschlicher Knochenmarksorganoide aus Stammzellen. Die neuartige Technologie wurde patentiert und bietet eine transformative Plattform für die Erforschung der grundlegenden Biologie der Hämatopoese und eines breiten Spektrums angeborener und erworbener Krankheiten wie angeborenes Knochenmarkversagen und Leukämien bei Kindern.

Stephanie Frenz-Wießner ist derzeit als Postdoc am Broad Stem Cell Research Center der UCLA in Los Angeles tätig.

Bertolt Bundschuh

© Reiner Anselm

Eigentum, Gemeinschaft und Verantwortung

Bertolt Bundschuh, Evangelisch-Theologische Fakultät, wird für seine Dissertation „‘Wahr ist, daß der Mensch etwas sein eigen nennen muß, aber (…)‘ Protestantische Eigentumsverständnisse zwischen 1890 und 1914“ ausgezeichnet.

Bertolt Bundschuh untersucht in seiner Dissertation protestantische Eigentumsvorstellungen im deutschen Kaiserreich. Auf der Basis von historischen Diskursanalysen, ideen- und sozialgeschichtlichen Zugängen sowie ethischer Systematik entwickelt er ein eigenständiges protestantisches Eigentumsverständnis, das über traditionelle Konzepte hinausgeht. Eigentum wird dabei nicht mehr nur als rechtlich geschützter Besitz, sondern als soziale Praxis verstanden – eingebettet in ein Netzwerk aus Rechten, Pflichten und gesellschaftlichen Funktionen, als Verantwortungsgemeinschaft über Generationen hinweg. Dabei denkt Bundschuh Eigentum in Bezug auf liminale Güter – wie etwa ökologische Ressourcen oder digitale Informationen – normativ neu und leistet so einen Beitrag zu aktuellen ethischen Debatten etwa zur Klimagerechtigkeit oder zur sozial gerechten Gestaltung von Gemeingütern.

Bertolt Bundschuh ist seit 2025 Vikar im Nachbarschaftsraum Süd-West, Frankfurt am Main.

Ariane Hallermayr

© PicturePeople

Innovative Blutdiagnostik zur Krebs-Früherkennung

Dr. Ariane Hallermayr (Ph.D.), Medizinische Fakultät, erhält einen Preis für ihre Dissertation ,,Assessment of genome-wide somatic copy number alterations in combination with driver mutation analysis in circulating DNA of colorectal cancer patients“.

Kolorektale Karzinome gehören weltweit zu den drei häufigsten Tumorerkrankungen und sind die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Eine präzise Früherkennung und Krankheitsüberwachung ist für den Behandlungserfolg entscheidend, bislang aber nur möglich durch den makroskopischen Nachweis in der Bildgebung oder Endoskopie. Ariane Hallermayr widmete ihre Doktorarbeit der Erforschung der Liquid Biopsy, einer innovativen Methode zur Analyse zirkulierender Tumor-DNA aus Blutplasma: Durch eine einfache Blutentnahme können verschiedene zirkulierende Tumormarker analysiert werden, die direkt mit der Tumorlast korrelieren und eine Echtzeit-Überwachung ermöglichen.

Da viele Tumore keine bekannten mutationsspezifischen Marker aufweisen, entwickelte Ariane Hallermayr eine neue Methode, die es ermöglicht, durch Genomsequenzierung Merkmale wie Kopienzahlveränderungen, Chromatinsignaturen und Fragmentierungsmuster zu analysieren, die auch in sehr frühen Tumorstadien funktioniert. Ziel ist nun die Optimierung eines Machine-Learning-Algorithmus zur Erkennung kolorektaler Karzinome und die Übertragung auf weitere Tumorarten wie Brustkrebs.

Ariane Hallermayr ist Head of Research & Development am Medizinisch Genetischen Zentrum (MGZ) in München.

Die Habilitationsförderpreise

Victoria Ibold

© Peter König

Strafrechtliche Verantwortung für KI-Produkte

Privatdozentin Dr. Victoria Ibold, Juristische Fakultät, wird für ihre Habilitationsschrift „Künstliche Intelligenz und Strafrecht – Zur strafrechtlichen Produktverantwortung in der Innovationsgesellschaft“ ausgezeichnet.

Wie sich der Einsatz künstlicher Intelligenz auf bestehende strafrechtliche Verantwortungsstrukturen auswirkt, untersucht Victoria Ibold in ihrer Habilitationsschrift. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob angesichts neuartiger Risiken durch Künstliche Intelligenz (KI) auch neue strafrechtliche Konzepte erforderlich sind – etwa bei autonomen Systemen. Besonders widmet sie sich der strafrechtlichen Produktverantwortung, also der Haftung für Schäden durch KI-Produkte.

Ihre Analyse bleibt dabei nicht auf strafrechtliche Fragestellungen oder einzelne Anwendungsbereiche von KI beschränkt. Vielmehr verbindet sie die technischen Grundlagen der KI, strafrechtliche Dogmatik, Verfassungsrecht, europäische Regulierung – insbesondere die neue KI-Verordnung – und Überlegungen aus der Technikphilosophie zu einem interdisziplinären Gesamtansatz. Mit ihrer Arbeit liefert Victoria Ibold ein fundiertes strafrechtliches Grundlagenwerk für den Umgang mit KI-Systemen in der modernen Gesellschaft – ein wichtiger Beitrag zur rechtlichen Einordnung technologischer Entwicklungen.

. Linda Franziska Böswald

© Daniela Diefenbacher, BMC

Ernährungsyphysiologische Grundlagen der Versuchstiere

Privatdozentin Dr. Linda Franziska Böswald, Fakultät für Veterinärmedizin, wird für ihr Habilitationsprojekt „Tierernährung in der Versuchstierkunde“ prämiert.

In ihrer Arbeit beschäftigt sich Linda Böswald mit der Frage, wie die Ernährung physiologische Parameter bei Versuchstieren beeinflusst. Sie zeigte unter anderem, wie sich die Verarbeitung von Futtermitteln auf die Verdaulichkeit von Stärke und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms auswirkt. Weiterhin untersuchte sie die Aktivität von Verdauungsenzymen bei verschiedenen Labornager-Spezies – und setzte damit neue Maßstäbe in der Versuchstierernährung.

In einem eigenen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt weitete sie ihre Forschung auf das Schwein aus – ein Modelltier mit wachsender Bedeutung in der biomedizinischen Forschung. Ihre Ergebnisse tragen dazu bei, die Qualität tierexperimenteller Studien zu verbessern und gleichzeitig die Belastung für die Tiere zu verringern. Heute leitet Böswald die Core Facility Animal Models am BMC der LMU und die dort angesiedelte Arbeitsgruppe Translationale und vergleichende Ernährungsforschung. Ihre aktuelle Forschung zur Darm-Mikrobiom-Gehirn-Achse in einem Alzheimer-Modell wird durch die Exzellenzinitiative gefördert.

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