Im Nanometerbereich (Milliardstel Meter) treten zwischen Licht und Materie Wechselwirkungen auf, die auf größeren Skalen nicht vorhanden sind. Daher haben sogenannte nanophotonische Materialien einzigartige optische Eigenschaften, die eine ganze Reihe von technischen Möglichkeiten eröffnen. Forschende um Andreas Tittl, Professor für Experimentalphysik an der LMU, haben nun eine Methode entwickelt, mit der sich extrem dünne optische Komponenten herstellen lassen, die selbst auf vergleichsweise schwaches Licht stark reagieren. „Die dünnen Komponenten könnten in Zukunft winzige, empfindlichere Sensoren, energieeffizientere Computerbauteile und eine schnellere optische Kommunikation ermöglichen“, sagt Tittl. Über ihre Entwicklung berichtet das Team nun im Fachmagazin Nature Photonics.
Die verwendeten nanophotonischen Materialien basieren auf sogenannten Metaoberflächen. Diese weisen regelmäßige Muster auf, die in der Regel kleiner sind als die Wellenlängen von Licht. Die winzigen Strukturen im Nanometerbereich nennt man photonische Resonatoren. Sie sind in der Lage, die Amplitude, Phase und Polarisation von einfallenden elektromagnetischen Wellen, einschließlich Licht, zu verändern. Daher lassen sich mit geeigneten Metaoberflächen Lichtstrahlen präzise kontrollieren – etwa speichern, verstärken oder auslöschen.
Nanophotonik: Kopplung von Licht und Materie
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Die Forschenden um Tittl integrierten nun erstmals das Konzept der Metaoberflächen in mehrschichtige zweidimensionale Materialien, deren einzelne Schichten nur aus ein oder maximal zwei Atomlagen bestehen können. „Das bekannteste 2D-Material ist Graphen, es gibt aber mittlerweile etliche andere“, sagt Tittl. „Man kann diese Materialien in Kristallform kaufen, unter dem Mikroskop einzelne Schichten ablösen und diese gewissermaßen wie Papier stapeln.“ Auf diese Weise lässt sich die atomare Anordnung präzise kontrollieren und man erhält Materialien mit starken kovalenten Bindungen in der Ebene und schwachen Wechselwirkungen zwischen den Schichten. Fachleute sprechen von Van-der-Waals-Materialien, ein Schwerpunkt der modernen Materialforschung.
Konzepte kombinieren
Doch: „Bisher stoppte die Literatur bei makroskopischen Stapeln aus mehreren 2D-Materialien“, sagt Tittl. Seine Gruppe nutzte nun allerdings einen zusätzlichen nanolithographischen Prozess, um dem Van-der-Waals-Materialstapel weitere Strukturparameter hinzuzufügen, die die Licht-Materie-Wechselwirkung wie auf einer Metaoberfläche verstärken. „Anstatt also 2D-Materialien auf separate, vorgefertigte Nanostrukturen zu platzieren oder sperrige externe optische Resonatoren zu verwenden, haben wir die Resonanzstruktur direkt in den vdW-Stapel eingearbeitet“, sagt Tittl. Die so erzeugten Komponenten tauften die Forschenden „Van-der-Waals-Heterostruktur-Metaoberflächen“, kurz vdW-HMs.
Konkret packte das Team, das mit einer Gruppe der TUM um Professor Achim Hartschuh zusammenarbeitete, eine einzelne Halbleiter-Schicht aus Wolframdisulfid, WS2, zwischen mehrere schützende Schichten aus hexagonalem Bornitrid. Mittels eines lithographischen Verfahrens wurden dann periodische Strukturen in diesen Materialstapel eingearbeitet, mit denen Licht effizient wechselwirkt: Die Elektronen im Material werden durch das einfallende Licht angeregt und an die Lichtteilchen, die Photonen, gekoppelt. Diese hybriden Licht-Materie-Teilchen nennen Fachleute Exziton-Polaritonen. Sie haben sowohl materielle als auch lichtähnliche Eigenschaften und können kondensieren – ähnlich wie ein Bose-Einstein-Kondensat, ein extremer Aggregatzustand, in dem sich der überwiegende Anteil der Teilchen im selben quantenmechanischen Zustand befindet.
Licht effizient einfangen
Um eine möglichst hohe Resonanz zwischen Licht und Materie zu erreichen und unerwünschte Beugungseffekte zu kontrollieren, führten die Forschenden theoretische Modellierung und Simulation durch. So konnten sie die echten vdW-HMs optimieren; am Ende hatten sie nanophotonische Komponenten, die selbst auf Lichtstärken erheblich reagierten, die mehr als 1.000-mal niedriger waren als bisher berichtet. „Im Grunde haben wir ultradünne Resonatoren entwickelt, die Licht sehr effizient einfangen, sodass wir es nutzen können“, erklärt Tittls Mitarbeiter und Erstautor der Studie, Luca Sortino.
Und: „Wir haben jetzt sozusagen einen Werkzeugkasten, mit dem man die beiden materialwissenschaftlichen Konzepte kombinieren und auf viele andere 2D-Materialien erweitern kann“, sagt Sortino. Auf diese Weise ließen sich unterschiedliche nanophotonische Bauteile mit maßgeschneiderten optoelektronischen Eigenschaften entwickeln. Dieses Potenzial wolle man nun weiter untersuchen, so Sortino.
Die Forschenden hoffen, dass die vdW-HMs künftig dazu dienen werden, ultradünne, flache optische Komponenten mit neuen Funktionalitäten zu entwickeln. Zu den potenziellen Anwendungen gehören etwa schnelle optische Schalter, neuromorphes Computing, sogenannte Polaritonlaser, die möglicherweise direkt auf Chips integriert werden können, und neuartige Plattformen, mit denen sich Quantenphänomene erforschen lassen.