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Nasenhöhlenkrebs: KI ermöglicht Durchbruch in der Diagnostik

28.11.2022

Forschende der LMU und der Charité haben eine Methode entwickelt, um schwer diagnostizierbare Nasenhöhlentumore zu klassifizieren.

Porträt von Dr. med. Philipp Jurmeister

Philipp Jurmeister analysiert Proben. | © LMU / v.zign

Tumore in der Nasenhöhle und der Nasennebenhöhle beschränken sich zwar auf einen kleinen Raum, umfassen aber ein sehr breites Spektrum mit vielen Tumorarten. Diese sind schwer zu diagnostizieren, da sie oft kein spezifisches Muster oder Erscheinungsbild aufweisen. Besonders gilt dies für die sogenannten sinonasalen undifferenzierten Karzinome oder kurz SNUCs.

Nun ist es einem Team um Dr. Philipp Jurmeister und Prof. Frederick Klauschen vom Pathologischen Institut der LMU sowie Prof. David Capper von der Charité, zudem Wissenschaftler im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), Partnerstandorte München und Berlin, gelungen, die Diagnostik entscheidend zu verbessern: Sie entwickelten ein KI-Tool, das auf der Basis chemischer DNA-Modifikationen Tumore zuverlässig unterscheidet und die mit den bislang verfügbaren Methoden nicht unterscheidbaren SNUCs vier deutlich unterschiedlichen Gruppen zuordnet. Dies könnte auch neue Möglichkeiten für zielgerichtete Therapien eröffnen.

Tumorspezifische DNA-Modifikationen

Methylierungs-Assay

Methylierungs-Array zur Bestimmung der DNA-Modifikationen. | © Jurmeister et al.

Chemische Modifikationen der DNA spielen bei der Regulation der Genaktivität eine entscheidende Rolle. Dazu gehört auch die DNA-Methylierung, bei der DNA-Bausteine mit einer zusätzlichen Methylgruppe versehen werden. Bereits in früheren Studien konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass das Methylierungsmuster des Erbguts für verschiedene Tumorarten spezifisch ist, weil es auf die Ursprungszelle des Tumors zurückgeführt werden kann.

„Darauf basierend haben wir nun die DNA-Methylierungsmuster von fast 400 Tumoren in Nasen- und Nasennebenhöhle erfasst“, sagt Capper. Dank einer umfangreichen internationalen Kooperation gelang es den Forschenden, eine so große Probenzahl zusammenzutragen, obwohl diese Tumore selten sind und insgesamt nur etwa vier Prozent aller bösartigen Tumoren im Hals-Nasen-Bereich ausmachen.

Vier Tumor-Gruppen mit unterschiedlicher Prognose

Für die Analyse der Methylierungsdaten entwickelten die Forschenden in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Machine Learning von Prof. Klaus-Robert Müller an der Technischen Universität Berlin und dem Berlin Institute for the Foundation of Learning and Data (BIFOLD) ein KI-Modell, das die Tumore verschiedenen Klassen zuordnet. „Methoden des maschinellen Lernens sind dabei aufgrund der großen Datenmenge unerlässlich“, sagt Jurmeister. „Um tatsächlich Muster zu erkennen, mussten wir in unserer Studie mehrere Tausend Methylierungspositionen auswerten.“ Dabei zeigte sich, dass SNUCs in vier Gruppen eingeteilt werden können, die sich auch noch bezüglich weiterer molekularer Eigenschaften unterscheiden.

Diese Ergebnisse sind auch klinisch relevant, da die unterschiedlichen Gruppen verschiedene Prognosen haben. „Bei einer Gruppe beispielsweise ist die Prognose überraschend gut, obwohl die Tumoren unter dem Mikroskop sehr aggressiv aussehen“, sagt Klauschen. „Bei einer anderen Gruppe dagegen ist die Prognose schlecht.“ Auf der Basis der molekularen Eigenschaften der Gruppen könnten Forschende möglicherweise in Zukunft auch gezielte neue Therapieansätze entwickeln.

Philipp Jurmeister et al: DNA methylation-based classification of sinonasal tumors. Nature Communications 2022

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