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Neue Herausforderungen für die Seelsorge

18.08.2016

Seelsorgerisch Tätige sind zunehmend mit ethischen Fragen konfrontiert. Die evangelisch-theologische Fakultät reagiert darauf mit der Gründung einer neuen Forschungsstelle.

Die evangelisch-theologische Fakultät hat eine neue Forschungsstelle eingerichtet, die sich aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen der Seelsorge widmet. „Ethische Fragen bilden sich in der Gegenwart immer stärker auf der Ebene des Einzelnen ab und spielen eine zunehmende Rolle in der Seelsorge. Die neue Stelle soll die Trias Seelsorge, Beratung und Ethik betreuen“, sagt Professor Reiner Anselm, Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie und Ethik an der LMU, der die Forschungsstelle gemeinsam mit Professor Christian Albrecht, Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Theologie, initiiert hat.

Ein Themenschwerpunkt der Forschungsstelle ist „Spiritual Care“ im medizinischen Bereich. Lea Chilian, die seit Juli auf der Forschungsstelle arbeitet, forscht insbesondere über die Entscheidungskonflikte am Ende des Lebens. Welche Rolle etwa die Religion in der Medizin überhaupt spielen soll, ist eine der grundsätzlichen Forschungsfragen, die sie untersuchen wird.

Das zunehmende gesellschaftliche Interesse an „Spiritual Care“ zeigt für Reiner Anselm beispielhaft, wie sich das Umfeld der seelsorgerischen Arbeit ändert. „Es ist eine schwindende gesellschaftliche Akzeptanz organisierter Religion zu beobachten, aber das heißt nicht, dass das Phänomen der Sinnstiftung, das mit Religion einhergeht, verschwunden wäre. Das ist auch der Grund, warum wir als theologische Fakultät das Thema aufgreifen. Auf diese Herausforderungen wollen wir reagieren.“

Doch die geistliche Betreuung in der Pflege, wie man „Spiritual Care“ übersetzen könnte, wirft auch neue Fragen auf. „Brauchen wir Spiritual Care, damit nicht die Medizin selbst zur Religion wird? Wenn Ärzte als 'Halbgötter in Weiß' bezeichnet werden, klingt ja schon die religiöse Aufladung medizinischen Handelns an“, sagt Reiner Anselm. Dabei richtet sich die Seelsorge nicht nur an den einzelnen Patienten, sondern ist auch in strukturelle Beratungen eingebunden, die auf medizinische Institutionen als Ganzes ausstrahlen. Lea Chilian wird sich den damit verbundenen Fragen in Forschung und Lehre im Verbund mit der Klinik für Palliativmedizin der LMU widmen.

Weitere Projekte zu ethischen Themen in Beratung und Seelsorge sind bereits in Vorbereitung. So haben sich die Aufgaben der Seelsorge auch im Bereich der Polizeiarbeit verändert, wo seelsorgerisch Tätige in ihrer Berufspraxis immer stärker mit Fragen des ethischen Verhaltens und individuellen Gewissenskonflikten konfrontiert werden. Wie in der Medizin soll auch in diesem und weiteren Feldern der Dialog mit der Praxis eine wichtige Rolle spielen.

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