Nach der Pandemie hat die LMU mit dem Fonds zur Förderung der Lehre zahlreiche Lehrkonzepte anschubfinanziert. Auch zukünftig wird die Verankerung innovativer Ideen in der Lehrpraxis mit 500.000 Euro pro Jahr gefördert. Drei Beispiele im Porträt.
Ausflug ins Klassenzimmer
Mit „Kunstpause goes School – Next Level“ geht das Projekt der Lehr- und Forschungseinheit Kunstpädagogik der LMU bereits in die nächste Förderrunde. Der erste Teil brachte bereits von 2016 bis 2019 Unterrichtseinheiten aus dem Buch „Kunstpause – Zeit für die Kunst“, das gestalterische Aufgabenstellungen für die Grundschule enthält, in die Praxis.
Das „Next Level“ verfolgt dasselbe Prinzip, wobei die Themen nun für die Sekundarstufe konzipiert sind und aus dem Buch „Kunstpause 2“ stammen. Das Buch, dessen Autorinnen wie schon beim Vorgänger alle aus der Kunstpädagogik der LMU kommen, enthält Beiträge zu Projekten mit Augmented Reality, Sprayen, Stencil Art und Graffiti sowie Selfies als Videoproduktion. „Damit die ‚Kunstpause 2‘ nicht in einer Theorieschleife bleibt, hilft Astrid von Creytz als Projektleiterin, die Aufgabenstellungen für den Kunstunterricht aufzubereiten“, erklärt Professorin Anja Mohr, Leiterin des Instituts für Kunstpädagogik der LMU.
Das Lehrkonzept verbindet die beiden Phasen der Lehrerbildung in der Kunstpädagogik. Studierende der ersten Stufe entwickeln gemeinsam mit Referendarinnen und Referendaren der zweiten Stufe Unterrichtskonzepte. Dabei wählen die Teilnehmenden in einem Projektseminar Themen aus dem Buch aus und erproben sie. In einem Zoom-Treffen entwickeln sie dann didaktische Methoden und Unterrichtskonzepte zu ihren Themen und präsentieren diese im Plenum. Anschließend werden die Konzepte gemeinsam in den Klassen der Referendare umgesetzt. Die Unterrichtseinheiten werden abschließend reflektiert und überarbeitet und als elektronische Portfolios auf der Website der Kunstpädagogik veröffentlicht.
Beim Projekt „Kunstpause goes School – Next Level“ entwickeln Studierende der Kunstpädagogik gemeinsam mit Referendarinnen und Referendaren Konzepte für den Kunstunterricht.
„Dass Studierende und Lehramtsanwärterinnen und -anwärter im Projekt zusammenarbeiten, ist eine Win-win-Situation. Die Referendare bekommen bei uns Input und lassen uns dafür den Unterricht in ihren Klassen durchführen“, erklärt die künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Kunstpädagogik, Astrid von Creytz. Auch seien die Studierenden unheimlich froh, endlich in die Praxis zu kommen. „‚Kunstpause goes School‘ ermöglicht nicht nur praktische Erfahrungen zu sammeln, sondern auch mit Referendarinnen und Referendaren ins Gespräch zu kommen“, erklärt die Kunstpädagogik-Studentin Dilara Gül.
Im Wintersemester 2024/25 ist die nächste und vorerst letzte Runde des Projekts geplant. Das Projektteam arbeitet parallel bereits am Buch „Kunstpause 3“. Material für eine Fortsetzung wäre genug vorhanden – je nachdem ob sich eine Förderung findet, könnte dieses dann wieder in die Schule gebracht werden. „Ohne die Förderung durch den Fonds zur Förderung der Lehre hätten wir dieses Projekt nicht stemmen können. Dafür Gelder zu haben, ist wirklich Gold wert“, resümiert Mohr.
Forscherinnen und Forscher am Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin (DAM) der LMU erarbeiten Lösungen, mittels derer angehende Medizinerinnen und Mediziner im Umgang mit KI-basierten Lehr- und Lernmöglichkeiten geschult werden sollen. Bereits relativ weit fortgeschritten ist die Arbeit an Systemen, mit denen Studierende automatisch Feedback auf ihre Studienarbeiten bekommen. „Der große Vorteil ist, dass wir den Studierenden adäquat und ohne großen Personalaufwand automatisiert Rückmeldung auf ihre schriftlichen Arbeiten geben“, sagt Professor Matthias Stadler, der am DAM KI-Lösungen für die Lehre entwickelt.
Was bislang noch fehle, sagt er, sei aber die Möglichkeit, die Studierenden systematisch an KI-basierte Lösungen heranzuführen. Hierzu hat das Team ein Projekt aufgelegt, das mit Mitteln aus dem Fonds zur Förderung der Lehre unterstützt wird.
„Wir wissen, dass viele Studierende bereits Large-Language-Modelle in der Studienvorbereitung nutzen, indem sie sich zum Beispiel Prüfungsfragen generieren lassen oder sich bei der Texterstellung helfen lassen“, sagt Stadler. Aber der Zugang zu solchen Möglichkeiten sei unterschiedlich.
„Unser Ziel ist es, dass alle Medizinstudierenden strukturiert lernen, welche Sprachprogramme es gibt, welches die Unterschiede sind, wie und mit welchen Daten sie trainiert wurden und welches ihre Stärken und Schwächen sind.“ Hierzu sollen Fachexpertinnen und -experten aus der Medizin und aus der technischen Entwicklung eingeladen werden, die mit den Studierenden die Systeme ausprobieren. Lehrinhalte sind des Weiteren die effektive Eingabe von Prompts und vor allem wie Studierende mit den Systemen kollaborativ arbeiten, also zum Beispiel selbst verfasste Texte verbessern können.
Die Bandbreite der Fragestellungen und Anwendungen soll mit Blick auf die nahe Zukunft noch erweitert werden – etwa durch das sich noch in der Testphase befindende KI-Tool MediTutor, mit dem sich Studierende ein medizinisches Fachgebiet auswählen und eine entsprechende Aufgabe in Form eines „Patientenfalls“ stellen lassen, den sie diagnostizieren müssen. Der Algorithmus gewichtet die Antwort schließlich und bietet verschiedene Diagnosemöglichkeiten an. „Das ist im Vergleich zu den bisherigen Multiple-Choice-Tests in der Medizin viel besser, weil die KI eine qualitativ hochwertige Rückmeldung auf beliebig viele Aufgabenstellungen gibt. Personell wäre das nicht zu stemmen“, ist sich Matthias Stadler sicher.
Auch das Thema KI und Ethik in der Medizin und die Weiterentwicklung von Möglichkeiten sollen Thema sein. Matthias Stadler: „Wir müssen viel künstliche Intelligenz ins Studium bringen, weil es den Arbeitsalltag von Medizinern massiv beeinflussen wird.“
Virtuelle Übungsapotheke für angehende Apothekerinnen und Apotheker
Am Department Pharmazie der LMU ist in einem Seminarraum eine Übungsapotheke aufgebaut, die man sich mit gesammelten Leerpackungen und einem echten Warenwirtschaftssystem wie eine richtige Apotheke – allerdings ohne echte Kunden und mit Dummy-Medikamenten – vorstellen kann. Ziel des Aufbaus ist eine möglichst realistische Simulation der häufigsten beruflichen Situationen der angehenden Apothekerinnen und Apotheker.
Nun wird die Übungsapotheke, in der regelmäßig Präsenzübungen auf Peer-Ebene stattfinden, durch eine virtuelle Übungsapotheke ergänzt. Dabei können Studierende zunächst für sich allein üben und so Selbstsicherheit in der Beratung zu Arzneimitteln aufbauen, wie Professor Oliver Scherf-Clavel vom Department Pharmazie erklärt. „Viele haben am Anfang Hemmungen, in der Übungsapotheke ein Patientengespräch mit den Kommilitoninnen und Kommilitonen durchzuspielen. Sie wollen sich nicht vor ihren Mitstudierenden blamieren.“
Da kommt MyDispense genau richtig, denn mit der virtuellen Übungsapotheke können Beratungsgespräche mit Patienten simuliert werden. Die Pharmazie-Studentin Katharina Miller findet MyDispense eine entspannte, aber effektive Möglichkeit, Beratungsgespräche zu üben, „da der Leistungs- und Zeitdruck durch einen realen Gesprächspartner fehlt und durch die Auswahl der möglichen Fragen bereits eine Rahmenstruktur vorgegeben ist.“
MyDispense: Die virtuelle Version der Übungsapotheke.
Aktuell testet das Team um Dr. Karin Bartel, Dr. Yvonne Pudritz und Professor Oliver Scherf-Clavel Online-Übungsaufgaben für das 6. Fachsemester. „Mit MyDispense können wir Therapiesituationen üben, ohne dass das tatsächliche Risiko droht, dass Patienten zu Schaden kommen“, erklärt Scherf-Clavel. Zudem können Situationen herbeigeführt werden, die eine gewisse Komplexität haben.
Das von der Monash University in Melbourne entwickelte und von der Universität Greifswald an den deutschen Apothekermarkt angepasste Online-Simulationsprogramm ist webbasiert. Die Pharmazie-Studierenden können also üben, wenn es gerade passt, etwa auf dem Weg in die Uni. Am Ende einer MyDispense-Übungseinheit bekommen die Studierenden einen Feedbackbogen, der Aufschluss darüber gibt, wie sie den Fall gelöst haben und was aus Sicht der Dozierenden die ideale Lösung gewesen wäre. So können die Studierenden selbst überprüfen, wo noch Nachholbedarf besteht.
Die Fördergelder aus dem Fonds zur Förderung der Lehre setzen die LMU-Pharmazeuten für die Generierung neuer Fälle für weitere Semester ein. Schlussendlich sollen passende Fälle für das gesamte Hauptstudium Pharmazie zur Verfügung stehen, sodass MyDispense in das Curriculum der Klinischen Pharmazie eingebaut werden kann.
Interview mit Professor Oliver Jahraus: Das Potenzial in der Lehre nutzen und sichtbar machen
Die Lehrentwicklung ist der LMU ein zentrales Anliegen. Professor Oliver Jahraus, Vizepräsident für den Bereich Studium und Lehre, erläutert, wie die Lehre an der LMU von der Fortsetzung des Fonds zur Förderung der Lehre profitiert.Wie ist die Idee des Fonds entstanden?
Professor Oliver Jahraus: Die ursprüngliche Idee war es, sehr schnell angesichts einer absoluten Ausnahmesituation Einzelinitiativen zur Verbesserung insbesondere der virtuellen Lehre in den Fakultäten zu fördern. Während der Corona-Krise war dies besonders wichtig, um die Studierenden während dieser Zeit optimal unterstützen zu können. Wir haben dann eine Million Euro zur Verfügung gestellt. Dabei haben wir gemerkt, dass ganz hervorragende Initiativen in den Fakultäten gewachsen sind.
Wie wird der Fonds zur Förderung der Lehre vor dem Hintergrund gewandelter Rahmenbedingungen künftig ausgerichtet sein?
Oliver Jahraus: Uns war es wichtig, nicht länger auf Corona zurückzublicken, sondern in die Zukunft zu blicken und die Lehre an der LMU weiter gezielt zu fördern. Wir wollen das Potenzial der LMU in der Lehre herausstellen und ihre Sichtbarkeit weiter erhöhen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die LMU nicht nur eine der forschungsstärksten Universitäten ist, sondern auch exzellente und innovative Lehre bietet. Wir sind sehr froh, dass wir die Mittel dafür aus dem LMU-eigenen Etat bereitstellen können. Das ermöglicht der zwischen dem Ministerium und der LMU geschlossene neue Hochschulvertrag.
Wird die Lehre stärker mit der Forschung verschränkt?
Oliver Jahraus: Das passiert ohnehin schon. Die Lehre ist forschungsbasiert und dann auch forschungsorientiert; wir wollen Studierende möglichst früh an der Forschung teilhaben lassen. Hier spielt auch die zunehmende Vernetzung zwischen den einzelnen Fächern eine wichtige Rolle. Wenn die jungen Leute an die LMU kommen, studieren sie nicht nur ein „Fach“, was sie auch an jeder anderen Universität tun könnten. Sie profitieren darüber hinaus von der wissenschaftlichen Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg, die an der LMU besonders ausgeprägt ist.
Dadurch erhöhen wir die Attraktivität des Standorts München und der LMU. Wir wollen vor allem deutlich machen, wie vielfältig die Entwicklung der Lehre an der LMU ist. Neben der Förderung von Lehre im Rahmen des Fonds zeichnen wir mit dem Lehrinnovationspreis auch weiterhin Projekte aus, die an den Fakultäten schon erfolgreich etabliert wurden – seien es virtuelle Lösungen für die Vorlesungsnachbereitung, KI-Anwendungen in der Lehre oder Videoangebote, um zum Beispiel Sprachen zu lernen. Durch die erneute Ausschreibung des Fonds zur Förderung der Lehre blicken wir gleichsam in Richtung zukünftiger Lehrinnovationspreise.
Wenn Forschende und Dozierende eine Idee für ein neues Lehrkonzept haben – welche Kriterien müssen diese erfüllen, um gefördert zu werden?
Oliver Jahraus: Es gibt drei Kriterien, die gleichzeitig auch Auswahlkriterien für den Ausschuss für Lehre und Studium darstellen, der die Projekte als Jury begutachtet. Das Wichtigste ist der Modellcharakter der Projekte. Sie sollen das Potenzial haben, auch auf andere Studiengänge bzw. Studienangebote übertragbar zu sein und so ein fester Bestandteil in der Lehre zu werden – auch ohne fortgesetzte Förderung. Was wir nicht wollen, sind Strohfeuer.
Zentral ist auch, eine signifikante Zahl von Studierenden zu erreichen, das heißt, dass diese möglichst breit von den Lehrinnovationen profitieren – natürlich vor allem in Relation zur Größe des jeweiligen Fachs gesehen. Und drittens ist die synchrone und positive Evaluierung der Projekte durch die Studierenden selbst entscheidend.
Wie kommt die Initiative vor allem bei den Lehrenden an?
Oliver Jahraus: Sie kommt sehr gut an. Ein ganz besonders schöner Nebeneffekt ist dabei das „Community-Building“, das wir von Beginn an aktiv gefördert haben, indem wir zu Treffen aller Antragstellerinnen und Antragsteller einladen, die intensiv für den Austausch genutzt werden und wozu wir auch tolle Rückmeldungen erhalten. Diese Vernetzung wirkt in die LMU hinein. Wir können natürlich nur eine überschaubare Zahl von Projekten fördern, aber diese haben in den Departments und Fakultäten Signalwirkung und können motivieren, mit eigenen Initiativen an den Start zu gehen. Die Botschaft ist ganz klar: Das Programm soll fortgesetzt werden. Und das tun wir jetzt. Und viele Kolleginnen und Kollegen sollen ihre Ideen einbringen!
Wo können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Informationen abrufen und Beratung erhalten?
Oliver Jahraus: Das Programm wird von Referat VIII.1 betreut. Die Mitarbeitenden dort haben lange Erfahrung und eine hohe Sensibilität und Expertise für die Projekte und ihre Umsetzung. Wichtig ist, potenzielle Antragstellende persönlich zu unterstützen, wenn es etwa Fragen zur Finanzierung etc. gibt. Sie finden dort immer ein offenes Ohr.
Im Rahmen des Fonds zur Förderung der Lehre wird es auch 2024 und 2025 Ausschreibungsrunden geben. Anträge für die Förderung ab Oktober 2024 können bis zum 31. Mai 2024 gestellt werden.