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„Student Academy Award” für Münchner Studierende

24.10.2022

Absolventen und Studierende der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) sowie der LMU haben den Kurzfilm „Almost Home“ realisiert, der jetzt mit dem Student Academy Award in Gold ausgezeichnet worden ist.

Das Produktionsteam von Almost Home um Regisseur Nils Keller (2. von links) und Produzent Jonas Lembeck (rechts) | © Le Hof Media GmbH

Für einen Startplatz ist sie eigentlich eher nicht geeignet, die in die Jahre gekommene ehemalige Halle der Münchner Stadtentwässerung im Kreativquartier. Es riecht dort noch etwas streng und der Regen rinnt dann und wann durchs Dach. Dennoch ist hier ein Raumschiff und damit ein Filmprojekt von Münchner Studierenden „durchgestartet“, das in diesem Oktober in Los Angeles mit einem Student Academy Award – oder auch „Studentenoscar“ – ausgezeichnet wurde: „Almost Home“ heißt der Film und es ist die Geschichte einer Wissenschaftlerin und Raumfahrerin, die sich mit ihrem nun 17-jährigen Sohn seit zwei Jahren im All befindet.

Beide erfahren während des Rückflugs von einer Pandemie auf der Erde, der sich der an einer Autoimmunerkrankung leidende Sohn schutzlos ausliefern würde – wenn sie denn, wie geplant, zurückfliegen würden. Das Problem in der isolierten Beengtheit des Raumschiffs: Der heranwachsende Sohn will die Entscheidungen für ihn nicht länger seiner Mutter überlassen – will sein eigenes Leben leben, seine eigenen Entscheidungen treffen, auch wenn sie den Tod bedeuten könnten …

Warnungen auch mal überhören

Nils Keller, Regie-Absolvent der HFF, hatte den Plot für dieses 30-minütige Coming-of-Age-Drama und seine Abschlussarbeit an der HFF innerhalb eines Tages skizziert. Dazu inspiriert hatte ihn ein Bericht über den Pragmatismus von Kreuzfahrtpassagieren, die aufgrund der Corona-Pandemie das Schiff nicht verlassen durften. „Sie haben entschieden, solange an Bord zu warten, bis die Pandemie vorbei ist“, sagt er. „Das hat mich beeindruckt.“ Die Isoliertheit, vor allem in beengten Verhältnissen, on top noch der Mutter-Sohn-Konflikt sind Aspekte dieses besonderen Kammerspiels, vor dessen Realisierung die Macher immer wieder gewarnt wurden.

„,Science-Fiction und dann noch mit schmalem Budget – lass es. Damit verbrennt ihr euch die Finger!‘ So etwas haben wir häufiger zu hören bekommen“, sagt der Produzent Jonas Lembeck, der sein Studium der Filmproduktion an der HFF und der BWL an der LMU ebenfalls in diesem Jahr abgeschlossen hat.

Mithilfe des zehnköpfigen Teams von Le Hof Media – einem von Lembeck gemeinsam mit Kollegen gegründeten Unternehmen – hat er den Film produziert und er betont, dass es bei einem solchen Projekt besser sei, „öfter mal nicht hinzuhören und eigene Visionen zu verfolgen“.

Die Produktion konnte verschiedene Förderer akquirieren (siehe unten). „Die Förderung war natürlich toll, allerdings nicht ausreichend, um zum Beispiel täglich ein Studio zu mieten“, sagt Lembeck. So wurde man im Kreativquartier fündig und konnte besagte Halle für die aufwendigen Dreharbeiten für vergleichsweise geringe Mittel anmieten. „Das Gebäude war zwar in einem nicht wirklich guten Zustand, nicht tonsicher und das Dach ist undicht“, sagt Regisseur Keller. Aber mit reichlich Molton und Teichfolie konnte das Team die größten Unzulänglichkeiten beseitigen und den Dreh starten.

Scheinbar mühelos schwebt Jeremias Meyer durch das Raumschiff...

© Le Hof Media GmbH

...aber am Set wird der Schwerkraft trickreich getrotzt

© Leon Schesselmann

So einträchtig ist das Mutter-Sohn-Verhältnis nicht immer: Jeremias Meyer und Susanne Wolff

© Le Hof Media GmbH

Von der Erde zugeschaltet: Der Vater (Stephan Kampwirth) berichtet von der Pandemie

© Le Hof Media GmbH

Klares Ziel: Internationale Projekte

Insgesamt 1.800 Kurzfilme wurden für die diesjährigen Student Academy Awards eingereicht. Die weltweit begehrteste Filmauszeichnung aus so einer Vielzahl von Wettbewerbern zu bekommen, ist für die jungen Münchner Filmschaffenden ein riesiger und vor allem wichtiger Erfolg, wollen sie doch unbedingt weiter Filme drehen – vor allem im internationalen Kontext.

Beide konnten während diverser Werbefilmprojekte bereits zahlreiche Erfahrungen sammeln und wichtige Kontakte knüpfen. Zum Beispiel kennen sie den Set-Designer, der das Raumschiff entworfen hat. „Der ist seit 30 Jahren in der Werbung tätig und hat für uns ein Grundkonzept erstellt, das bei unseren finanziellen Rahmenbedingungen umsetzbar war.“

Ihr Konzept hat auch die Schauspieler überzeugt – mit Susanne Wolff in der Rolle der Mutter konnten sie eine arrivierte Darstellerin gewinnen, die bereits den Deutschen Filmpreis erhalten hat; Jeremias Meyer als Sohn ist spätestens seit seiner Rolle in „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ein aufstrebender Star in der deutschen Filmlandschaft.

Aber nichts wäre gelaufen ohne das ganz Filmteam: 120 Menschen verrichteten die verschiedensten Jobs – ob als Set-Designer, Szenenbildner, Kameraleute, Stuntkoordinatoren oder administratives Personal: „Sie alle haben weit mehr geleistet, als durch den Mindestlohn, den wir ihnen leider nur zahlen konnten, abgedeckt wurde“, sagt Produzent Jonas Lembeck. „Ohne sie und ihren großen Einsatz hätte das nie geklappt.“

Da das Budget schmal und die Anzahl der Mitarbeitenden entsprechend begrenzt war, mussten alle auch Doppelfunktionen wahrnehmen. „Ich habe unter anderem auch als Produktionsfahrerin und Set-Runnerin fungiert oder musste Corona-Tests organisieren“, erzählt Produktionsassistentin Sophia Papperger, die an der LMU Germanistik studiert. Vorteil in der Zeit des Drehs sei es gewesen, „dass die meisten Vorlesungen und Seminare online stattfanden. So konnte ich mich, wenn es möglich war, immer mal wieder mit dem Computer zurückziehen und etwas für mein Studium tun.“ Sie ist begeistert von dem Projekt und „dass ich ein Teil davon sein durfte, war einfach klasse!“ Als sie das erste Mal in die Halle mit dem Raumschiffmodell aus Pappe gekommen sei, habe sie sich nicht vorstellen können, dass das wirklich funktionieren würde. „Aber als die Szenenbildner stundenlang Farbe aufgetragen haben und alles schließlich wie echtes Metall glänzte, war ich total beeindruckt.“ Die goldglänzende metallene Auszeichnung, die es jetzt dafür gegeben hat, war denn auch aller Mühe wert.

Der Film wurde in Koproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk realisiert und von der HFF, dem FilmFernsehFonds FFF Bayern sowie ARRI, einem renommierten Hersteller von High-End-Filmequipment, gefördert. ARRI stellte technisches Gerät und Dienstleistungs-Know-how zur Verfügung. Auch Eigenkapital floss in das Projekt ein.

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