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Summer Schools: Zoom statt Zugspitze

13.08.2021

Wegen der Covid-19-Pandemie findet die Munich International Summer University (MISU) der LMU in diesem Jahr virtuell statt. Einige Vorzüge der digitalen Kursform könnten Studierenden in aller Welt sogar in Zukunft erhalten bleiben.

Drei Teilnehmer der „Munich International Summer University“ machen bei einem Ausflug auf die Zugspitze Rast.

Ein Großteil der Kurse findet online statt – damit gibt es keine Ausflüge in die bayerischen Berge wie in den letzten Jahren...

Als Deborah Davis eine Winter University belegte, lagen die Temperaturen bei angenehmen 23 Grad – jedenfalls in Australien, von wo aus sie teilnahm. „Ich wollte schon immer mehr über Europa erfahren“, so die 20-jährige Studentin der University of Sydney. „Und eigentlich war es seit Langem mein Ziel, einmal für eine Sommer- oder Winter-Uni nach München zu reisen.“ Aber das Coronavirus machte diese Pläne zunichte. Also tat die „Media and Communication”-Studentin das „Nächstbeste“, wie sie sagt: Sie schrieb sich für eine virtuelle Winter University „European Studies“ an der LMU ein – und lernte per Moodle und Zoom die europäische Geschichte und Beziehungen der EU-Länder kennen.

Denn nachdem einige Teile der Munich International Summer University (MISU) der LMU im vergangenen Jahr pandemiebedingt ausfallen mussten, wird ein Großteil ihrer Kurse 2021 online angeboten – im Juli ist das Sommerprogramm angelaufen, das sich bis Anfang September erstreckt. Für Studierende wie Deborah Davis bedeutet die neue, virtuelle Form: bequemes Lernen vom Heimatland aus, keine Anreise einmal um den Globus, keine Quartiersuche im teuren München – auch wenn es für Austauschstudierende mittlerweile Kontingente der Studentenwerks-Wohnheime gibt. Aber andererseits bedeutet es auch: keine Biergartenbesuche mit Studierenden aus bis zu 80 verschiedenen Nationen, keine Ausflüge in die bayerischen Berge, keine gemeinsamen Besuche im Fußballstadion.

Aus einer schwierigen Situation das Beste gemacht

„Wir haben aus einer schwierigen Situation das Beste gemacht“, so MISU-Koordinator Kai Wede, „Aber an der grundsätzlichen Idee einer Sommeruni, seinen Urlaub mit Bildung zu verbinden, gehen auch die besten virtuellen Kurse natürlich vorbei.“ In der Tradition der Sommerschulen seit 1926 besteht das heutige Konzept der MISU an der LMU seit den Neunzigerjahren: Studierende aus aller Welt reisen in ihren Ferien nach München, um Deutsch-Sprachkurse zu belegen oder Programme in Bereichen wie Economics and Communication, Law, Natural Science sowie Social and Political Sciences. Getragen vom Internationalen Universitätsclub München e.V., werden die Kurse von Professorinnen und Professoren der LMU auf Englisch gehalten und sind – im Gegensatz zu manchen Sommerkursen anderer Hochschulen – nicht gewinnorientiert. Grundsätzlich stehen sie allen Studierenden offen, auch wenn die LMU mit einigen Programmen explizit Partneruniversitäten anspricht.

Nachdem die MISU 2019 noch über 1.000 Teilnehmer verbucht hatte, sanken die Anmeldezahlen für die virtuellen Kurse auf 40 Prozent. „Dabei waren wir überrascht, dass sie trotz dieser völlig neuen Form noch so gut angenommen wurde“, so Kai Wede. Einige Kurse musste man dabei gänzlich ausfallen lassen. „Die Middle East Studies etwa profitieren besonders von der Präsenz vor Ort“, so der MISU-Koordinator, „mit Diskussionen zwischen Teilnehmern aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen.” Auch im Bereich Medizin wird es die Summer University erst wieder ab 2022 geben. „Die Kurse in Neurologie und Onkologie beinhalten die Praxis-Ausbildung am Patienten“, erklärt Kai Wede, „was virtuell schlichtweg nicht möglich ist.“

Drei Teilnehmerinnen der „Munich International Summer University“ lächeln in die Kamera. Im Hintergrund ist Schloss Neuschwanstein zu sehen.

...keinen sonst obligatorischen Besuch von Neuschwanstein mit Studierenden aus bis zu 80 verschiedenen Nationen...

Virtueller Bildungsurlaub in München

Andere Programme finden in diesem Jahr digital statt: Das Munich Center for Quantum Science and Technology (MCQST) beispielsweise führt virtuell durch seine Labore, bietet Mentoring durch Junior Researchers und organisiert sogar eine Mini-Konferenz. Die Vorlesungen in Jura oder etwa BWL finden ebenfalls online und interaktiv statt. Und auch das Programm „European Studies“ musste diesmal eben ohne Anreise nach Europa stattfinden. Die Australierin Deborah Davis begeisterte dabei insbesondere die europäische Geschichte – gerade weil in Australien eher die chinesische und US-amerikanische Politik im Fokus stünden. „Vom Schengen-Abkommen zum Beispiel hatte ich noch nie gehört!“, erklärt Davis. „Es war einfach toll, einmal unserem australischen Mindset zu entschlüpfen und zu erfahren, was auf der anderen Seite der Welt wichtig ist.“

Um eine gewisse Individualität zu gewährleisten, so Kai Wede, wurden die Teilnehmerzahlen auf 15 bis 18 Studierende pro Kurs beschränkt. Was die Uhrzeit angeht, teilte man nach Zeitzonen ein, mit Programmen am Morgen etwa für Kanadier, Amerikaner und Lateinamerikaner und Abend-Kursen etwa für Australier und Europäer. Das Socializing-Programm, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer normalerweise zum Schloss Neuschwanstein oder in Biergärten führt, wurde durch virtuelle Stadtführungen ersetzt, etwa zum Marienplatz, in den Englischen Garten oder das LMU-Hauptgebäude.

Eine Teilnehmerin der „Munich International Summer University“ steht vor einer Pferdekoppel auf einem bayerischen Bauernhof.

...oder Einblicke in das Leben auf einem bayerischen Bauernhof.

Auch die Norwegerin Silje Abrahamsen, die die MISU Winter University „The European Union in Crisis“ belegte, hätte am liebsten direkt in München gelernt. „Ich liebe es, zu reisen und neue Orte zu besuchen“, so die 23-Jährige, „und ein Bildungsurlaub in München wäre perfekt gewesen.“ Wegen des Online-Settings sei natürlich alles anders gewesen. „Virtuell kann man sich zum Beispiel mit den anderen Teilnehmern immer nur kurz unterhalten. Aber es war cool, Menschen aus Dänemark und etwa Australien zu treffen – wenn auch nur am Bildschirm.“

„Grundsätzlich haben wir bemerkt“, so Kai Wede, „dass unterschiedliche Persönlichkeiten sich im virtuellen Unterricht ganz anders darstellen.“ So seien Dominantere plötzlich weniger präsent, während Ruhigere regelrecht aufblühten. Besonders Studierende aus dem asiatischen Raum hätten davon profitiert. Auch Teilnehmenden mit nicht perfekten Englischkenntnissen komme das Lernen mit Selbststudium und Moodle-Modulen entgegen. Und auch wenn sich Kai Wede eine Präsenz-MISU alsbald zurückwünscht – einige Vorzüge des digitalen Unterrichts sollen in Zukunft erhalten bleiben. „Bestimmte Programme werden wir in Online- und Präsenz-Teile spalten – einen ersten mit Self-Learning und virtuellen Vorlesungen zuhause, einen zweiten vor Ort in München.“ Denn für manche Teilnehmer sei es ohnehin schwierig, länger in der bayerischen Landeshauptstadt zu bleiben – etwa wegen der hohen Lebenshaltungskosten, aber auch wegen knapper Urlaubstage.

Deborah Davis empfand das virtuelle Setting als „überraschenderweise sehr bequem“. Mit einer Kommilitonin von der University of Sydney, die sie in einem der Münchner Kurse traf, ist sie seither sogar befreundet. „Nur für die Professoren auf der anderen Seite der Welt muss es sehr, sehr früh gewesen sein – und die nette Führerin bei der virtuellen Stadttour wirkte, als sei es am Marienplatz eisig kalt.“

Weitere Informationen zur Munich International Summer University (MISU): www.lmu-misu.de
Auch die Summer Schools anderer europäischer Universitäten finden in der Pandemie vornehmlich online statt. Das gilt auch für die Sommerprogramme von Hochschulverbänden wie etwa der European University Alliance for Global Health (EUGLOH).

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