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Überlebenswichtige Signale

01.07.2020

Forschende des Helmholtz Zentrums München und der LMU haben neue Erkenntnisse gewonnen, wie Pflanzen Informationen über ihre Umwelt verarbeiten.

Großaufnahme einer Blume

© imago images / blickwinkel

Pflanzen stellen die Grundlage für die Ernährung des Menschen dar. Um Samen und Früchte für die Fortpflanzung produzieren zu können, verarbeiten sie kontinuierlich Informationen über die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen oder über mögliche Krankheitserreger. Damit sich Pflanzen nachhaltiger vor zunehmenden Dürreperioden schützen lassen, ist ein besseres Verständnis für die molekularen Mechanismen hinter ihrer Informationsverarbeitung entscheidend.

Forschende wissen bereits viel über die Signalwege selbst – beispielsweise, dass Pflanzenhormone molekulare Signalwege auslösen, die die Entwicklung der Pflanze steuern, und auch für Stressreaktionen beispielsweise aufgrund von Dürre oder Schädlingsbefall verantwortlich sind. Wie der Informationsaustausch zwischen diesen Signalwegen genau abläuft, war jedoch nicht bekannt.

Eine Forschungsgruppe des Instituts für Netzwerkbiologie des Helmholtz Zentrums München hat unter Beteiligung von LMU-Biologen das molekulare Proteinnetzwerk von Pflanzen systematisch kartographiert, indem es mehr als 17 Millionen Proteinpaare experimentell auf wechselseitige Interaktionen prüfte. Dafür setzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine moderne, robotergestützte Pipeline in Kombination mit Methoden der Bioinformatik ein.

Sie analysierten das so kartographierte Netzwerk aus mehr als 2.000 beobachteten Interaktionen zwischen Proteinen mit Hilfe bioinformatischer und mathematischer Ansätze aus Statistik und Graphentheorie, um Signalwege und deren potenzielle Informationsknotenpunkte zu finden. Letztendlich konnte das Team hunderte, vorher unbekannte Informationsknotenpunkte in den Pflanzen identifizieren.

Durch genetische Experimente konnte die Gruppe zeigen, dass alle getesteten Interaktionen zwischen Proteinen, von denen man bisher annahm, dass sie nur Teil eines einzigen Signalweges sind, tatsächlich die Kommunikation zwischen verschiedenen Signalwegen regeln. „Das ist eines der erstaunlichsten Erkenntnisse aus dieser Studie: Die meisten Proteine fungieren in mehreren Signalwegen. Im Gegensatz zu Studien, die ein oder wenige Proteine untersuchen, zeigen unsere Ergebnisse, zu welch hohem Grad die verschiedenen Signalwege physisch und funktionell miteinander verflochten sind. Wir glauben, dass wir damit eine grundlegende Funktionsweise entdeckt haben, der wir unbedingt weitere Aufmerksamkeit schenken müssen“, sagt Dr. Melina Altmann, Erstautorin der Studie.

Studienleiter Prof. Pascal Falter-Braun, Direktor des Instituts für Netzwerkbiologie und Lehrstuhlinhaber an der Ludwig-Maximilians-Universität, fügt hinzu: „Diese Erkenntnis könnte zu neuen Strategien für die biotechnologische Entwicklung oder Züchtung von Pflanzen führen, um den Herausforderungen des Klimawandels in der Landwirtschaft zu begegnen. In Zukunft könnten wir beispielsweise versuchen, die Informationsverarbeitung von Nutzpflanzen gezielt so zu verändern, dass die Pflanzen weniger Dünger und Pestizide benötigen oder resistenter gegen Dürreperioden sind.“Nature, 2020.

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