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UniChor: Jubiläumskonzert für die Freiheit

31.07.2025

Der UniversitätsChor feiert sein 75-jähriges Bestehen mit einem Konzert zu einem brandaktuellen Thema: Freiheit. Auf dem Programm stehen mehrere Uraufführungen und Stücke, die eigens für den Chor geschrieben wurden.

Ein Sonntagnachmittag im Juli. In der vollgepackten Kleinen Aula des Hauptgebäudes drängen sich 130 Sängerinnen und Sänger des UniChors. Drei Proben noch, dann ist Premiere. Ein ganz besonderer Abend diesmal. Denn gefeiert wird mit dem Konzert auch das 75-jährige Bestehen des Chors.

Sängerinnen und Sänger des Unichors sitzen bei einer Probe mit Dirigentin in einem hellen Raum

Der UniChor bei der Probe mit Dirigentin Selma Pleßke

© LMU/Johanna Weber

„Das Jubiläum macht bewusst, dass man in einer langen Tradition steht“, sagt Anna Verena Egger, die den Chor seit mehr als zehn Jahren leitet, „und ein kleiner Mosaikstein ist von etwas Größerem.“

„Libertas – Freiheit“ lautet das Motto des Abends. Entstanden ist die Idee im Vorstand des Fördervereins. Der Vorsitzende Andreas Schmidt regte an, sich mit dem hochaktuellen Thema auseinanderzusetzen. Schließlich probt der Chor regelmäßig genau da, wo einst die Weiße Rose ihre Flugblätter gegen das NS-Regime verteilte: im Lichthof der LMU.

Neue Kompositionen beauftragt

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Statt sich wie üblich auf bestehende Werke zu beschränken, lud man diesmal gezielt Musikerinnen und Musiker ein, eigene Kompositionen beizusteuern. Zwar wurden ihnen Texte aus dem Umfeld der Weißen Rose zur Anregung zugeschickt, im Vordergrund stand jedoch, einen eigenen, persönlichen Zugang zum Thema zu finden – was allen Auserwählten hervorragend gelang.

Einer der Komponisten, Jaakko Mäntyjärvi, reiste am vergangenen Wochenende aus Finnland an, um bei der Probe seines Stücks dabei zu sein. Eigentlich, sagt er bescheiden, sei er vor allem Übersetzer. Vom Komponieren allein könne und wolle er nicht leben. Allerdings hat sich Mäntyjärvi, der sich selbst als Pragmatiker bezeichnet, längst auch als hervorragender Komponist einen Namen gemacht und bereits mehr als hundert Stücke für kleine und große Chöre komponiert. Fast immer Auftragswerke, wie diesmal.

Komponist und Dirigentin im Gespräch

Komponist Jaakko Mäntyjärvi und Dirigentin Selma Pleßke

© LMU/Johanna Weber

Dem Thema „Freiheit“ nähert sich der Finne mit spielerischem Eklektizismus und viel Humor. Grundlage seiner Komposition ist ein Gedicht des Poeten Lauri Viita über Bettwanzen, die von einem ihrer Artgenossen überredet werden, die Enge des Bettes zu verlassen und ihr Dasein künftig an der Wand zu fristen. Der Ausgang des Experiments ist natürlich ungut.

Wie er die Satire versteht? „Eine populistische Figur führt andere mit einem Freiheitsversprechen ins Unglück“, erklärt Mäntyjärvi. Dabei sei das Gedicht nicht frei von einer „gewissen Empathie für die Verführten“.

Hochreflektiert zitiert Mäntyjärvi in seiner Komposition bekannte und unbekanntere Revolutionsmotive, spielt mit Spiegelungen und zeigt, was ihm besonders wichtig ist: Dass Chormusik nicht Werkzeug einer Religion, nationalistischen Bewegung oder Ideologie sein muss, sondern künstlerisch autonom sein kann: „Es geht um die Unabhängigkeit des Ausdrucks.“

Lob für das hohe Niveau des UniChors

Im Chor habe sein Stück besonders viel Anklang gefunden, sagt die Dirigentin Selma Pleßke, die Verena Egger seit dem Wintersemester vertritt. Mäntyjärvi selbst war „sehr positiv überrascht“ vom Niveau des Chors und sparte während der Probe nicht mit Komplimenten.

„Gelobt zu werden von einem so renommierten Komponisten: Das tut einfach gut“, sagt Katia Werkmeister. Die Doktorandin der Volkswirtschaft ist schon seit 2018 dabei. Weil sie eine Weile im Ausland studiert hat, musste sie prompt ein zweites Mal vorsingen, um in den Chor zurückkehren zu können. Denn die Latte hängt hoch, die Plätze sind begehrt. Semester für Semester lehne sie viele Bewerber und Bewerberinnen ab, erklärt Verena Egger. So sichert sie das Niveau des großen Laienchors, der zwar wie jeder Uni-Chor unter Fluktuation leidet, sich aber auch auf einen verlässlichen Kern erfahrener Sänger und Sängerinnen stützen kann.

Eine Sängerin und ein Sänger stehen nebeneinander ihm Hauptgebäude der LMU

Gabriel Hausser und Katia Werkmeister

© LMU/Johanna Weber

Dabei sind die Anforderungen alles andere als gering. Man unterschätze den Aufwand, den es bedeute, im Chor zu singen, sagt Katia Werkmeister. Jede Woche proben – mit Anwesenheitsliste –, mehrere Probenwochenenden freischaufeln, am Ende des Semesters, wenn viele schon in die Ferien abdampfen, zwei große Konzerte geben: Das verlangt dem Chor einiges ab.

„Libertas – Freiheit“ probt er bereits seit April, hinzu kamen Probentage in Benediktbeuern und zwei weitere in München. In der Prüfungszeit sei das natürlich „ein bisschen stressig“, sagt auch Gabriel Hausser, der gerade seinen Bachelor in Physik gemacht hat, „aber man nimmt sich einfach die Zeit.“

Denn eigentlich sind es ja gerade die stressigeren Phasen im Studium, in denen man besonders dringend einen Ausgleich braucht. „Und der Chor ist eine tolle Möglichkeit, Studierende und Berufstätige kennenzulernen, die nicht dasselbe machen wie man selbst.“

Herausforderung: Uraufführung

Sängerinnen und Sänger des UniChors bei der Probe

Der UniChor bei einer Probe

© LMU/Johanna Weber

Neben Mäntyjärvi wurden für das „Libertas – Freiheit“-Konzert auch Elisabeth Fußeder, Ola Gjeilo und Andrew Miller mit Kompositionen beauftragt. Millers Werk thematisiert spirituellen Halt in existenziellen Lebenslagen. Gjeilo verarbeitete ein Gedicht von Emily Brontë. Fußeder setzt mit mikrotonalen Verschiebungen und bis zu 25 Einzelstimmen ein Zeichen für musikalische Freiheit – „sehr anspruchsvoll, aber im Gesamtklang wunderschön“, sagt Pleßke.

Für den Chor sei es besonders spannend, unbekannte Stücke zu singen. Bei Uraufführungen fehlen Aufnahmen, an denen man sich orientieren könnte. „Man entdeckt alles selbst“, sagt Pleßke. Nicht selten verwandelt sich anfängliche Skepsis so in echte Begeisterung.

„Der UniChor ist nicht nur Musik, sondern auch Freundschaft!“, findet Katia Werkmeister. Gut möglich, dass dabei auch die ganz besondere Qualität von Musik eine Rolle spielt. Denn Singen ist nicht nur gesund, es stiftet, wie Mäntyjärvi sagt, Gemeinschaft. „Man wird Teil von etwas Größerem, das man allein nie erschaffen könnte. Im Idealfall entsteht ein Flow-Erlebnis – ein Zustand, in dem man ganz in der Musik aufgeht.“

Mehr zum Konzert des UniChors:

„Libertas! Neue Chormusik im Geiste der Freiheit“
Der UniversitätsChor München präsentiert Werke von Schütz, Nystedt, Mendelssohn Bartholdy, Tippett, Fußeder, Miller, Gjeilo und Mäntyjärvi. Klavier: Tobias Stork
Sonntag, 3. August 2025, 19:30 Uhr, Montag, 4. August 2025, 19:30 Uhr
Große Aula der LMU

Der UniChor steht im Lichthof der LMU

Dirigentin Selma Pleßke mit Sängerinnen und Sängern des UniChors

im Lichthof der LMU

© LMU/Johanna Weber

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