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Vertrauen in Citizen Science

20.11.2023

Kann Forschung für alle das Vertrauen in die Wissenschaft stärken? Ein neues Verbundprojekt untersucht Potenziale und Vorbehalte.

Bürgerwissenschaften: Mitglieder des Nabu führen im Dürertal in Bochum eine Vogelzählung durch. | © IMAGO / Funke Foto Services / Jörg Schimmel

Immer mehr Menschen zählen Mücken und Vögel, fotografieren Pflanzen, dokumentieren Veränderungen in Stadt und Natur und liefern so wichtige Informationen für die Forschung. Kann diese Bürgerbeteiligung auch helfen, das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken? Das untersuchen Forschende der LMU gemeinsam mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der TU Braunschweig und des Museums für Naturkunde Berlin im Verbundprojekt „Trust in Citizen Science (TiCS)“. Gefördert wird das Projekt mit rund 900.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Erleben, wie Forschung wirklich funktioniert, gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Forschungsfragen tüfteln, Daten zusammentragen: Bürgerwissenschaftliche Projekte, auch bekannt unter dem Begriff „Citizen Science“, sind vielfältig. Gemeinsam ist allen, dass Bürgerinnen und Bürger Forschung aktiv mitgestalten. Citizen Science hat viele Potenziale für die Bildung von Vertrauen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, innerhalb solcher Projekte und auch darüber hinaus. Diese Potenziale werden nun in dem Verbundprojekt untersucht.

„Citizen Science ist eine ganz andere, neue Art, Wissenschaft zu betreiben“, sagt Dr. Marlene Altenmüller, Sozialpsychologin an der LMU und Mitglied im neuen Verbundprojekt. „Bürger und Bürgerinnen sind bei Citizen Science selbst Teil des Forschungsprozesses, Seite an Seite mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Das ist für die Forschung im Bereich Wissenschaftsrezeption und -kommunikation hoch spannend!“

Wie wird Citizen Science aufgenommen?

„Citizen Science ist eine ganz andere, neue Art, Wissenschaft zu betreiben“, sagt Dr. Marlene Altenmüller | © Copyright Richard Devon rick@greymattergroup.com

Das Verbundprojekt wird sich dem Thema Vertrauen im Kontext der Bürgerwissenschaften auf drei Ebenen nähern. Erstens soll untersucht werden, wie sich Vertrauensbeziehungen in Citizen-Science-Projekten entwickeln. Dabei interessiert die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur, wie sehr Bürgerinnen und Bürger Forschenden vertrauen, sondern auch, wie sie untereinander Beziehungen entwickeln und wie Beteiligungsprozesse dies unterstützen können. Zweitens analysiert das Forschungsteam, wie Forschende den Input aus der Bevölkerung sehen und welchen Nutzen sie daraus ziehen, aber auch, welche Vorbehalte noch bestehen. Drittens geht es um die Wahrnehmung von Forschungserkenntnissen aus Citizen Science in einer breiteren Öffentlichkeit.

An der LMU wird Altenmüller gemeinsam mit Mario Gollwitzer, Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpsychologie an der LMU, insbesondere der Frage nachgehen, wie Citizen Science innerhalb der Wissenschaft aufgenommen wird. „Wir wollen untersuchen, wie die Ideen von Bürgerwissenschaft sich auf das bestehende Wissenschaftssystem auswirken. Welche Potenziale, aber auch Vorbehalte haben Forschende selbst gegenüber Citizen Science?“, so Gollwitzer.

Von Psychologie bis Praxisforschung

„Wir wollen untersuchen, wie die Ideen von Bürgerwissenschaft sich auf das bestehende Wissenschaftssystem auswirken“, sagt Prof. Mario Gollwitzer | © Richard Devon rick@greymattergroup.com

Das Team des Verbundprojekts ist interdisziplinär, einige Projektbausteine werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Standorte gemeinsam bearbeiten. Neben Altenmüller und Gollwitzer verantworten Dr. Friederike Hendriks und Professorin Monika Taddicken (Psychologie und Kommunikationswissenschaft) das Teilprojekt an der TU Braunschweig. Vom Museum für Naturkunde Berlin beteiligen sich Dr. Susanne Hecker und Silke Voigt-Heucke (Praxisforschung Citizen Science).

„Die Interdisziplinarität ist unsere große Stärke. In der Psychologie und Kommunikationswissenschaft bringen wir Expertise zur Vertrauensforschung und Metawissenschaft zusammen. Außerdem haben wir das Handwerkszeug, die Wirkungen von Wissenschaftskommunikation und Medienberichterstattung auf die Wahrnehmung von Citizen Science in Wissenschaft und breiter Öffentlichkeit zu untersuchen. Ohne die Praxisforschung könnten wir zudem gar nicht so intensiv in die Begleitforschung von bürgerwissenschaftlichen Projekten einsteigen“, sagt Hendriks.

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