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Virtuell lehren, real lernen

30.08.2021

Im Fokus der Summer School der Medizinischen Fakultät steht der internationale Austausch. Doch was, wenn eine Pandemie das Reisen unmöglich macht? Die LMU hat daher ein virtuelles Lehr- und Lernformat entworfen – mit einigen überraschenden Konzepten.

Beim virtuellen Escape Room navigieren die Teilnehmenden zum Beispiel durch den Alzheimer-Saal und lösen Aufgaben. | © Daniel Schvarcz

Einen Escape-Room kennen die meisten Menschen. Darin versuchen verschiedene Spielerinnen und Spieler, innerhalb einer vorgeschriebenen Zeit verschiedene Rätsel zu lösen. Von einem Online-Escape-Room, in dem Menschen aus verschiedenen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, dürften hingegen bisher nur die wenigsten gehört haben. Ausgedacht hat sich diesen Programmpunkt eine Stipendiatengruppe des MeCuM StEP, das Studierenden Exzellenz Programm der Medizinischen Fakultät der LMU im Rahmen ihres internationalen Lehrprojekts.

„Als durch Corona freies Reisen unmöglich wurde, war es uns sehr wichtig, zumindest online die Möglichkeiten des Austauschs und des Kennenlernens zu ermöglichen“, betont Programmleiterin Professorin Orsolya Genzel-Boroviczény. Die internationale Summer School habe sich dafür besonders angeboten, weil sie im Gegensatz zur Winter School weniger auf Patientenkontakte, sondern stärker auf Vorlesungen und Forschung setzt.

Bei den 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter anderem aus Äthiopien, Brasilien, Schweden, den USA und Deutschland kam das neue Konzept vom Online-Escape-Room richtig gut an. „Ein absolutes Highlight der insgesamt drei Module“, schwärmen LMU-Medizinstudentin Laura Odontides und Mazen Abou Chaar aus dem Libanon. Neben guten Detektivfähigkeiten seien dabei auch Teamwork und eine klare Kommunikation sehr wichtig gewesen.

Zwei Teilnehmerinnen der Summer School in der Medizinischen Lesehalle: Marie Semmler (links) und Fenja See (rechts).

© Thomas Bischoff

Der Schwerpunkt der Summer School liegt auf medizinischer Forschung und ihrer Umsetzung in der Klinik, was wiederum neue Fragen aufwirft – daher der Name „Bench to Bedside and Back Again“. Fans des Schriftstellers J. R. R. Tolkien erkennen sicher eine gewisse Anspielung. Hinzu kommen Diskussionen, Workshops und Vorträge, beispielsweise zur Rechtsmedizin oder der „statistischen Signifikanz“. Den Verantwortlichen der Summer School sind aber neben der interprofessionellen Zusammenarbeit auch immer soziale und kulturelle Interaktionen wie zum Beispiel Stadtführungen oder gemeinsames Backen wichtig. Auch diese Punkte konnten dieses Jahr allerdings nur online stattfinden.

„Es gibt so viel aus der Perspektive anderer zu lernen“, betont Amir Kucharski aus den USA. Ihm wäre daher ein persönlicher Austausch lieber gewesen – auch weil er dadurch mehr über sein Lieblingsthema forensische Biomechanik hätte lernen können. Die Schwedin Linnea Jönsson hingegen fand gerade die virtuellen Kursformate sehr praktisch. Natürlich hätte sie die anderen Teilnehmenden auch gerne persönlich getroffen, sagt sie. Aber Reisen sind bei vielen ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen wegen eines Zweitstudiums oder Nebenjobs gerade im Sommer nicht möglich.

Auch Professorin Frida Eek von der schwedischen Lund University, neben der amerikanischen Washington University in St. Louis eine der Summer-School-Partneruniversitäten, legt großen Wert auf den Austausch zwischen Studierenden aus verschiedenen Ländern. „Kritisches Denken und Hinterfragen ist ein Fundament der Wissenschaft – aber auch mit akademischem Feedback umzugehen“, betont sie. Es sei wichtig für Studierende, dieses lehrreiche Feedbacksystem zu verstehen, um die Vorteile für sich nutzen zu können.

Professorin Genzel-Boroviczény kann sowohl der regulären als auch der digitalen Summer School positive Seiten abgewinnen. „Persönlicher internationaler Austausch ist ein essenzieller Teil der Medizinausbildung“, betont sie. Allerdings fehlten vielen Studierenden weltweit und auch an der LMU die finanziellen Möglichkeiten zum Verreisen beziehungsweise seien sie durch familiäre Verpflichtung eingeschränkt. „Daher ist das ein Projekt“, betont die Medizinerin, „das auch weit nach der Pandemie einen wichtigen Platz im Studium einnehmen wird.“

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