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Was bedeutet der Klimawandel eigentlich für mich?

03.04.2024

Imke Hoppe erforscht, wie sich komplexe wissenschaftliche Themen besser einer breiten Öffentlichkeit vermitteln lassen, auch in einem aufgeheizten Umfeld. Seit April 2023 ist sie Professorin für Wissenschaftskommunikation und Klimawandel.

Der Klimawandel ist immer öfter im Alltag spürbar, bei außergewöhnlichen Hitzewellen im Sommer, bei heftigen Stürmen, bei Überflutungen. Forscherinnen und Forscher weisen gleichzeitig immer häufiger auf alarmierende Veränderungen hin, auf die höheren weltweiten Durchschnittstemperaturen etwa, auf wärmere Meere, abschmelzende Polkappen und steigende Meeresspiegel. Und trotzdem scheint bei vielen Menschen nicht immer klar anzukommen, was von den Phänomenen nun eigentlich auf ein verändertes Klima hindeutet und was nur ein ungewöhnliches Wetter ist? Es geht wissenschaftlich um die große Frage, was normal ist und was nicht, was menschengemacht ist oder doch natürlichen Zyklen entspricht.

„Wir sehen in unserer Forschung, dass das Interesse für die Themenfelder Klimawandel und Biodiversität sehr stark ist“, sagt Imke Hoppe, Professorin für Wissenschaftskommunikation und Klimabildung an der LMU. Doch nicht immer werden die Inhalte verständlich kommuniziert. „Daher wollen wir genauer wissen, was Menschen aus diesem großen Kontext öffentlicher Kommunikation über den Klimawandel besonders bewegt, was sie stark berührt, was Einstellungen verändert. Was nehmen Menschen aus dieser umfangreichen Berichterstattung über den Klimawandel oder konkret über Berichte des Weltklimarats oder großer Konferenzen wie COP jüngst in Katar wahr?“ Die Forscherin bearbeitet ein hochaktuelles, komplexes Themenfeld mit vielen Anknüpfungspunkten an andere Disziplinen an der LMU.

Von nachhaltiger Ernährung bis Mobilitätswende

Imke Hoppe studierte zunächst Angewandte Medienwissenschaften an der Technischen Universität Ilmenau, promovierte dort im Fachgebiet „Empirische Medienforschung und Politische Kommunikation“. Sie hatte bereits nach dem Abitur erste Erfahrungen in vielen Bereichen der Medienlandschaft gesammelt, erzählt sie, sie hat in einer Lokalredaktion gearbeitet, im Theater und bei Dokumentarfilmern. „Das war eine handwerklich sehr gute Ausbildung“, sagt Hoppe. Für ihre Dissertation mit dem Titel „Klimaschutz als Medienwirkung“' leitete sie ein interdisziplinäres Team zur Entwicklung und Veröffentlichung eines 3D-Online-Simulationsspiels zum Energiesparen.

Nach Stationen am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau, wo sie sich zunächst mit Bildungsmedien für Kinder und Jugendliche befasste, wechselte sie an die Universität Hamburg. Im Rahmen des Exzellenzclusters CliSAP („Integrated Climate System Analysis and Prediction“) der Universität Hamburg forschte sie innerhalb des DFG-Schwerpunktprogramms SPP 1409 „Wissenschaft und Öffentlichkeit“ zum Klimawandel aus Sicht der Medienrezipientinnen und -rezipienten.

Schwerpunkt war dabei insbesondere die Medienberichterstattung zu den Weltklimakonferenzen sowie den Reports des Weltklimarats IPCC und deren Auswirkungen auf die öffentliche Meinung und die Generierung von Wissen zum Klimawandel. Als Postdoc untersuchte Hoppe im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts „Sustainable Lives: Food Choices as Politics and Lifestyle“ in einer komparativ angelegten Analyse die Social-Media-Diskussionen zum Thema nachhaltige Ernährung in fünf Ländern, neben Deutschland auch in Großbritannien, Kanada, den USA und Südafrika.

Danach arbeitete die Wissenschaftlerin am DLR-Institut „System Engineering für zukünftige Mobilität“ beispielsweise zum Thema autonomer öffentlicher Nahverkehr im Kontext der Mobilitätswende, bevor sie im April 2023 als Professorin für Wissenschaftskommunikation und Klimabildung an die LMU berufen wurde.

Wissenschaft allgemeinverständlich erklären ist Kernaufgabe

Ein wichtiges Forschungsanliegen von Imke Hoppe ist es, wie die Zukunft des Klimas in den Medien verhandelt und rezipiert wird, auch wie die Kommunikation zwischen wissenschaftlicher Forschung und gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren verläuft. Interessant ist es dabei auch zu verstehen, welche Erwartungen Menschen eigentlich an Medien haben.

Sie erzählt von ihrer Studie im Rahmen des Exzellenzclusters CliSAP, in der sie zwei ganz verschiedene Orte untersuchte, einen kleinen Ort an der Nordseeküste und die Metropole Hamburg. „Die große Parallele war, dass die Menschen in beiden Orten es sich sehr wünschen würden, wenn regionale Medien für das globale Thema Klimawandel sozusagen eine eigene Perspektive entwickeln“, erzählt Hoppe. „Viele wünschen sich, dass Medien helfen, für ihren Ort, an dem sie leben, besser zu verstehen, was heißt der Klimawandel für uns in der Nachbarschaft, für meine Familie, für uns hier in Stadt X oder im Ort Y.“

Diese Transferleistung, also wissenschaftliche Erkenntnisse für Menschen im normalen Alltag verständlich zu erklären, ohne zu stark zu vereinfachen, bleibe die Kernaufgabe der Wissenschaftskommunikation. „Wir haben hier in München und insbesondere an der LMU sehr viele Anknüpfungspunkte zu anderen Forschungsbereichen und Expertisen“, sagt Hoppe. „Das ist für mich so eine Art intellektuelles Paradies.“ Man könne in ganz verschiedenen Projekten lernen, was Kommunikation leisten kann, um Inhalte besser und zielgenauer zu vermitteln, wie sie noch besser werden kann, woran sie anknüpfen muss und wie sie verschiedene Zielgruppen eben auch erreichen kann.“

Vielfältige Anknüpfungspunkte im „intellektuellen Paradies“

An der LMU arbeitet Hoppe hier beispielsweise mit Professorin Julia Pongratz im BMBF-Projekt CDR Terra zusammen. Dabei geht es um die Möglichkeiten, CO2 aus der Umgebung zu entfernen und einzulagern. Für die verschiedenen dafür infrage kommenden Technologien wolle ihre Gruppe Materialien entwickeln, die die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Methoden verständlich erklären und klarmachen, welche Vor- und Nachteile sie jeweils bringen. All das könne beitragen, die Basis für eine öffentliche Diskussion zu schaffen. „Das ist schon eine sperrige Materie“, sagt Imke Hoppe. „Wir wollen das so anschaulich auch für Schulen und die Öffentlichkeit erklären, dass Menschen eine gute Chance haben zu verstehen, was CDR überhaupt ist.“ Nur so lasse sich eine breite gesellschaftliche Debatte führen.

Wichtig ist der Forscherin dabei immer, dass gerade bei kontroversen Diskussionen lösungsorientiert gedacht werde. „Ich würde mir sehr wünschen, dass gerade bei der Klimawandeldebatte ein bisschen weniger Aufmerksamkeit auf diesem Alarm- oder Katastrophenframe liegt. Mehr Aufmerksamkeit für Ansätze aus den verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsfeldern, die mögliche Wege und Ideen mit ihren Vor- und Nachteilen diskutieren, könnten zu einer wissenschaftlich informierteren öffentlichen Debatte beitragen“, sagt Imke Hoppe.

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