03 Nov

The cultural memory of mass violence: Re-mediation and pre-mediation

Öffnungszeiten / Beginn:

Do.:
09:00 Uhr

3. November 2022

Veranstaltungsort:

Online & Große Aula Geschwister-Scholl-Platz 1 80539 München

Interdisziplinäre Tagung zum Thema Erinnerungspolitik, veranstaltet vom Forschungsprojekt „Discources of Mass Violence in Comparative Perspective“

Es ist ein durchaus dynamischer Prozess, wie sich ein kulturelles Gedächtnis formt. So werden Ereignisse, die die Gesellschaft prägen, immer wieder, über Jahrzehnte und Jahrhunderte in unterschiedlichen Medien dargestellt. Und die Form dieser Rückschau wiederum beeinflusst die Darstellung und Betrachtung späterer Ereignisse, da Medien, die in einer Gesellschaft zirkulieren, Schemata für neue Erfahrungen liefern. Die Tagung versucht, eine solche Dynamik von Re-Mediation und Pre-Mediation im kulturellen Gedächtnis von Massengewalt zu untersuchen.

Zwei aktuelle Phänomene geben dazu Anlass: Erstens hat es die Öffentlichkeit, vor allem im Westen, konsterniert, wie Russland die Erinnerung an den Kampf gegen den Nationalsozialismus zur Rechtfertigung des Kriegs gegen die Ukraine instrumentalisiert. Gewöhnlich wird dies als Vorwand zur Durchsetzung materieller oder strategischer Interessen betrachtet. Das erfasst aber nicht vollständig, welche Funktion das kulturelle Gedächtnis in der russischen Propaganda hat. Denn die propagandistische Rechtfertigung kriegerischer Gewalt ist kein bloßes Gerede, sondern richtet sich hier wie in vielen anderen Fällen auf einen normativen Ankerpunkt, auf ein Publikum, das sich um bestimmte normative Vorstellungen konstituiert – in diesem Fall der Vorstellung, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen, gespeist aus der kollektiven Erinnerung an den Sieg über den Nationalsozialismus.

Zweitens sind auch drei Jahrzehnte, nachdem Jan Assmann das Konzept vom kulturellen Gedächtnis prägte , die Praktiken und Politik, die das kulturelle Gedächtnis formen, Gegenstand wissenschaftlicher, politischer und populärer Auseinandersetzungen in traditionellen und sozialen Medien. In diesen Debatten geht es um wechselseitige Vorwürfe, das kulturelle Gedächtnis für ideologische oder strategische Zwecke zu instrumentalisieren. Diskussionen etwa um das kulturelle Gedächtnis zur Kolonialgeschichte stellen das Holocaust-Paradigma des Gedenkens an Massengewalt infrage und erfahren, so zeigt sich, eine Re-Mediation, eine Wiederbelebung, in lokalen und nationalen Narrativen.

Den Abschluss des Workshops bildet eine Podiumsdiskussion mit Professor Martin Schulze Wessel (LMU, Geschichte Osteuropas): „Russland – Ukraine: Krieg um die Erinnerung“ (auf Deutsch).

Das vollständige Programm:

  • 9:00 - 9:15 Introduction
  • 9:15 - 10:00 Astrid Erll (Frankfurt), From 'memory after violence' to 'memory before violence'
  • 10:00 - 10:45 Dominik Markl (Georgetown), Antiquity and Sacred Tradition in Imperial Justifications of Mass Violence
  • Coffee break
  • 11:15 - 12:00 Christoph Thonfeld (Dachau), “I do not want to talk publicly, but if I am asked, I respond as well as possible.”
    Anita Lasker-Wallfisch and the Medialisation of Holocaust Memory
  • 12:00 - 12:45 Miranda Jakiša (Vienna), (Re-)Mediating Srebrenica: Holocaust Memory and Competitive Victimhood after Yugoslavia
  • Lunch break
  • 14:15 - 15:00 Stephanie Bird (London), Merle Kröger's ‘Die Experten’ and its Thrilling Intervention in Memory Polemics
  • 15:00 - 15:45 Juliane Prade-Weiss (Munich), Foregrounding the Media of Memory: Transgenerational Trauma in Stepanova’s ‘In Memory of Memory‘
  • Coffee break
  • 16:15-18:00 Podiumsgespräch mit Martin Schulze Wessel (Munich): Russland – Ukraine: Krieg um die Erinnerung

Das Event findet auf Deutsch und Englisch statt. Um das Event zu streamen ist eine Anmeldung nötig.

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