Zeitzeugenbericht des Josef Flachslander

Im Jahr 1944 kommissarischer Leiter der Studentenkanzlei

Josef Flachslander, am 3. Februar 1900 in München geboren, war als Mitarbeiter in der Universitätsverwaltung angestellt; aufgrund des kriegsbedingten Personalmangels war ihm zum Zeitpunkt des verheerenden Bombenangriffs 1944 kommissarisch die Leitung der Studentenkanzlei übertragen. In einem späteren Schreiben an seine Vorgesetzten, in dem er sich darüber beklagt, dass er über Jahre hinweg benachteiligt worden sei und bei Beförderungen ständig übergangen werde, schildert er u.a. auch seine Verdienste bei der Rettung der Studentenakten nach dem Luftangriff. Dabei gibt dieser kurze Zeitzeugenbericht neben einem Einblick in das geschichtliche Ereignis einen guten Überblick über die damalige Matrikelverwaltung samt der dazu verwendeten Akten in der Kanzlei:

"Außerdem möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Beim Terrorangriff auf München am 13. Juli 1944, bei dem unsere Universität so schwer beschädigt wurde, eilte ich sofort nachdem ich meine Wohnung fast unversehrt fand, wieder zur Universität zurück, trotzdem ich eine trockene Sehnenscheidenentzündung am linken Fuß hatte und sehr schlecht gehen konnte. Da ich im Westend wohne war ich über 3 Stunden unterwegs. Der Brand der Universität war noch nicht gelöscht. Der Syndikus der Universität, Herr Oberregierungsrat Dr. Haeffner stellte mir sofort Leute zur Verfügung, die mir halfen die Studentenkartei zu räumen. Ich rette dadurch

die 25 Immatrikulationsbücher von 1889-1914 (1888 und früher sind im Archiv)

die Karteikarten von 1914-1944 (ca 120 000)

4 Studentenstammrollen (eingeführt SS 1935)

ca 6000 Studentenstammakten,

über 3000 Fernimmatrikulationsanträge und Karteikarten,

die Stammrolle der Fernimmatrikulierten,

mehrere 100 Belegbücher,

alle Ausländer- und Mischlingslisten,

die wichtigsten Handakten, Sigel [sic.] und verschiedenes andere.

Es wurde damit alles geborgen was zu einer ungehinderten Weiterführung der Studentenkartei notwendig ist und ist die Studentenkartei die best'erhaltene Abteilung der Universität.

Wenn ich an diesem Tage nicht mehr in die Universität zurückgekommen wäre, wäre dies alles verbrannt, da niemand im Gebäude war, der sich um die Studentenkanzlei kümmern konnte, nachdem die wenigen die da waren, sich bemühten von ihren eigenen Diensträumen zu retten was möglich war.

Da in der folgenden Nacht zum 14.7.44 von der Decke her die Kanzlei ausbrannte, wurde somit unersetzliches Material gerettet.

Eine Neuaufstellung nur für SS 44 (laufende Kartei von fast 4000 Studierenden) wäre unter den heutigen Umständen nur in sehr lückenhafter Weise möglich gewesen. Die Kartenerneuerung für WS 44/45 [Anm.: die 'Kartenerneuerung' entspricht der heutigen 'Rückmeldung'] wäre ohne amtlichen [sic.] Unterlagen, nur auf die Aussagen der Studierenden hin, besonders wegen der Anrechnung, Studiengenehmigung, Semesterzahl usw sehr schwierig gewesen. Da alle Unterlagen vernichtet wären, so wären besonders in arbeitstechnischer Beziehung eine ungeheure Erschwerung entstanden. Gerade nachdem z. Zt. soviele Studienbücher im Besitze der Studierenden durch Terrorangriffe verbrannt sind, (im Monat ca 80-100) wären Zweitschriften nicht möglich gewesen. Auch in kulturelle [sic.] Beziehung wäre es ein großes Unglück für die Universität München gewesen, wenn die Matrikelbücher und die Kartei von 1889-1944 fehlen, da ja die Unterlagen von 1472 an noch erhalten sind..."

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