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Das Beste aus zwei Welten

27.09.2021

Inga Katharina Koerte forscht an der LMU und an der Harvard Medical School über traumatische Hirnverletzungen. Die Wissenschaftlerin zählt zu den Preisträgerinnen des Prinzessin Therese von Bayern-Preises.

Inga Katharina Koerte, Professorin für neurobiologische Forschung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LMU und Leiterin der Forschungsgruppe

Inga Katharina Koerte untersucht Schädel-Hirn-Traumata mit modernen Neuroimaging-Methoden. | © Nils Krüger

Als Inga Katharina Koerte zum ersten Mal auf den Prinzessin Therese von Bayern-Preis aufmerksam wurde, war sie selbst noch am Anfang ihrer Facharztausbildung – und überzeugte ihre Mentorin, die Radiologin Birgit Ertl-Wagner, sich auf die Ausschreibung zu bewerben. „Sie hatte eine Vorbildfunktion an der Medizinischen Fakultät“, erzählt Koerte. Birgit Ertl-Wagner bewarb sich und wurde 2013 mit dem Preis ausgezeichnet.

Die Auszeichnung ist eine besondere Ehrung für herausragende Wissenschaftlerinnen und engagierte Persönlichkeiten: Sie wird regelmäßig von der Prinzessin Therese von Bayern-Stiftung vergeben, die sich der Förderung von Frauen in der Wissenschaft an der LMU verschrieben hat.

Inzwischen ist Koerte selbst Professorin für neurobiologische Forschung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LMU und Leiterin der Forschungsgruppe cBRAIN (Child Brain Research and Imaging in Neuroscience). Zugleich ist sie seit 2011 Lecturer an der Medical School der Harvard University und forscht am Brigham and Women’s Hospital. Sie freut sich, in diesem Jahr nun ihrerseits mit dem Preis, der herausragende Wissenschaftlerinnen der LMU auszeichnet, geehrt zu werden. „Da setzt sich sozusagen eine Tradition fort. Es geht darum, die Dinge weiterzutragen, das Thema Mentoring so ernst zu nehmen, dass echte Netzwerke entstehen. Wenn sich Wissenschaftlerinnen gegenseitig den Rücken stärken, können wir viel erreichen“, meint Koerte.

Den Dingen auf den Grund gehen

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Der Fokus von Inga Katharina Koertes wissenschaftlicher Arbeit liegt auf der Erforschung der Auswirkungen von traumatischen Hirnverletzungen auf die Struktur, Funktion und Entwicklung des Gehirns. Zusammen mit ihren Teams konnte Koerte zum Beispiel als Erste Veränderungen in der Mikrostruktur des Gehirns im Zusammenhang mit dem Kopfballspiel beim Fußball nachweisen.

Koertes Weg in die Medizin schien bereits früh vorgezeichnet: Schon in der Grundschule interessierte sie sich für den menschlichen Körper und das, was in ihm vorgeht. „Ich wollte verstehen, wie alles zusammenhängt“, sagt sie. Der Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen und vieles zu hinterfragen, blieb ihr Antrieb. „Im Studium fing ich an, mich mit evidenzbasierter Medizin zu beschäftigen: Warum geben wir eigentlich dieses Medikament und nicht ein anderes? Mir war es wichtig, jede medizinische Entscheidung durch wissenschaftliche Evidenz zu untermauern.“

Koerte spezialisierte sich nach dem Studium in verschiedenen Bereichen, promovierte in der experimentellen Chirurgie, absolvierte ihre Facharztweiterbildung in der Pädiatrie und der Radiologie und habilitierte sich in der experimentellen Radiologie. Prägend für ihren Weg war vor allem die Zeit als Postdoktorandin am Brigham and Women’s Hospital der Harvard Medical School.

„In den USA gibt es in der Forschung eher eine Kultur des Trial and Error“, erzählt Koerte. „Die Bereitschaft, etwas auszuprobieren und sich durch Rückschläge nicht entmutigen zu lassen, ist ungeheuer wichtig für Innovation.“ An der deutschen Forschungskultur wiederum schätzt sie, dass Dinge sorgfältig geplant werden. In ihrem wissenschaftlichen Alltag versucht Koerte, beides zu verbinden. „Viele wichtige Forschungsergebnisse sind das Resultat eines gut vorbereiteten Zufalls“, sagt sie.

Geht nicht gibt’s nicht

Das Motto „geht nicht gibt’s nicht“, das ihre Laufbahn geprägt hat, hat sie sich vor allem in den USA angeeignet: Koertes Forschungskarriere zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie stets mit hohem Engagement und großer Experimentierfreude neue Wege geht und Dinge durchsetzt, die gerade hierzulande unkonventionell oder unüblich sind. So lehrt und forscht sie beispielsweise parallel an zwei Spitzenuniversitäten und leitet an der LMU ein großes Forscherteam, das ausschließlich über von ihr eingeworbene Drittmittel finanziert wird.

„Aus den USA bin ich es gewohnt, dass das Schreiben von Anträgen einfach dazugehört“, erzählt Koerte. „Durch das Arbeiten auf zwei Kontinenten ergeben sich zusätzlich internationale Drittmittelquellen, die für meine Forschung interessant sind.“ So werden zum Beispiel einige ihrer Projekte von den US National Institutes of Health gefördert und andere durch die EU: 2018 warb Koerte zum Beispiel einen ERC Starting Grant ein. Das Projekt folgt ihrem Ansatz, die medizinische Forschung immer unmittelbar in den Dienst der Patientinnen und Patienten zu stellen: Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet sie unter anderem daran, die Veränderungen des Gehirns infolge eines Schädel-Hirn-Traumas mit modernen Neuroimaging-Methoden zu visualisieren und so das Verletzungsprofil des einzelnen Patienten zu charakterisieren. Auf dessen Basis können dann personalisierte therapeutische Ansätze entwickelt werden.

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Koerte legt großen Wert auf die Nachwuchsförderung und ist seit April Beauftragte für das Programm „StEP“ an der Medizinischen Fakultät, das geschaffen wurde, um Talente im Medizinstudium früh zu erkennen und gezielt zu fördern. Diese Art von Begleitung ist es, die Koerte in ihrem Beruf mit besonderer Freude erfüllt. Sie vergleicht es mit dem Chaperon- Protein, das neue Proteine bei ihrer komplexen Faltung unterstützt, ohne selbst Teil der Struktur zu werden. „Ich freue mich, wenn ich sehe, wie sich die aufstrebenden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die ich begleite, entfalten, in ganz unterschiedlichen Richtungen“, sagt Koerte. „Es ist toll, wenn ihr Talent zum Leuchten kommt und sie mehr erreichen, als sie selbst für möglich gehalten hätten.“

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