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Klimawandel: LMU koordiniert bundesweites Forschungsprogramm zu Kohlendioxid-Entnahme

01.11.2021

Im Rahmen der Förderlinie „Carbon Dioxide Removal“ des BMBF starten zehn Verbundprojekte zur Entnahme von Kohlendioxid.

Neuanpflanzung eines Waldes

© MAGO_blickwinkel / L. F. Postl

Für die Einhaltung der Klimaschutzziele und die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs sind massive Reduktionen des CO2-Ausstoßes notwendig. In der Klimaforschung gilt es als wahrscheinlich, dass die Maßnahmen zur Emissionsreduktion weltweit nicht ausreichend sein werden. „Wir müssen nun verstärkt auch die Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre in den Blick nehmen“, sagt Professorin Julia Pongratz, Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme am Department für Geographie. „Auch für ‚negative Emissionen', die etwa Deutschland nach Erreichen der Treibhausgasneutralität bis 2045 anstrebt, müssen Wege gefunden werden, wie mehr Treibhausgase gebunden als ausgestoßen werden."

Die LMU-Wissenschaftlerin koordiniert vom 1. November 2021 an das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 20 Millionen Euro geförderte Programm „Carbon Dioxide Removal (CDR)“, in dessen Rahmen bundesweit zehn Verbundprojekte starten. „CO2-Entnahmemethoden sind mit vielen Chancen, aber auch Risiken verbunden und müssen sehr gründlich auf ihre Wechselwirkungen im Erdsystem untersucht werden, auf ihren Einfluss auf das Wirtschaftssystem und auf soziale und politische Machbarkeit“, erklärt Pongratz. Zu diesem Zweck kommen in der Förderlinie mehr als hundert Forscherinnen und Forscher aus allen Fachrichtungen zusammen – und bilden das bislang größte Forschungsprogramm zu CDR in Deutschland. Neben etablierten Maßnahmen wie der Aufforstung werden auch neue Technologien im terrestrischen, geologischen und materialbasierten Bereich untersucht werden.

Das von der LMU geleitete, übergeordnete Begleit- und Synthesevorhaben CDRSynTra führt die Forschungsergebnisse der Projekte zusammen. „Unser Ziel ist es, die Potenziale und Nebenwirkungen der verschiedenen Methoden umfassend und einheitlich zu bewerten. Damit werden die wissenschaftlichen Grundlagen gelegt, aufgrund derer ein gesellschaftlich akzeptabler und ökologisch sowie ökonomisch sinnvoller Mix an Methoden zur Entnahme von Kohlendioxid entwickelt werden kann", so Pongratz. Um sicherzustellen, dass entworfene Klimaschutzpfade auch umsetzbar sind, wird das ganze Programm hindurch intensiver Dialog mit Stakeholdern gepflegt. „Welche Kriterien in einen nützlichen Bewertungsrahmen einfließen müssen, ist eine Frage, die die Forschung nur in engem Austausch mit Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik beantworten kann. Es ist daher ein Hauptanliegen des Projekts, die Forschungsergebnisse transparent zu kommunizieren", erklärt Dr. Felix Havermann, wissenschaftlicher Koordinator von CDRSynTra.

CDRSynTra bildet auch die Schnittstelle zur Forschungsmission „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" der Deutschen Allianz Meeresforschung und wird die wissenschaftliche Gesamtsynthese über landbasierte und marine Methoden zur Entnahme von Kohlendioxid verantworten, die so in Kombination und vergleichend betrachtet werden können.

An CDRSynTra sind neben der LMU auch das Climate Service Center Germany, das Deutsche Museum, das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, das Institute for Advanced Sustainability Studies, das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und die Stiftung Wissenschaft und Politik beteiligt.

Im Blick: Die sozioökologische Machbarkeit von Methoden der Entnahme von Kohlendioxid

Neben CDRSynTra startet mit STEPSEC noch ein weiteres der zehn Verbundprojekte, ebenfalls an der LMU unter der Leitung von Julia Pongratz mit Beteiligung von Professor Matthias Garschagen, Inhaber des Lehrstuhls für Anthropogeographie mit Schwerpunkt Mensch-Umwelt-Beziehungen, und Vegetationsforscher Dr. Wolfgang Obermeier. Das Forschungsteam soll untersuchen, unter welchen Bedingungen sich Maßnahmen wie etwa die Wiederaufforstung oder Bioenergie mit CO2-Speicherung in Deutschland umsetzen lassen, um Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entnehmen. Solche Methoden zählen zu den viel diskutierten Maßnahmen zur CO2-Aufnahme und Speicherung, da sie teils als ‚naturnahe Lösungen' gelten und relativ schnell zum Einsatz gebracht werden könnten.

Allerdings ist eine Abschätzung erforderlich, wie viel CO2 solche Methoden der Atmosphäre tatsächlich entziehen können, wenn mögliche Synergien und Zielkonflikte mit anderen Nachhaltigkeitszielen abgewogen werden. „Bislang fehlt ein einheitlicher Rahmen, in dem wir die möglichen Konflikte zwischen Biodiversität, Wasserverfügbarkeit, Erholungsaspekten, ökonomischem Nutzen und vielem mehr gegeneinander abwägen können – und dies über alle möglichen Maßnahmen hinweg“, sagt Matthias Garschagen. Deshalb werden die Methoden kritisch auf ihre Auswirkungen auf das Erdsystem geprüft werden. Auch gesellschaftliche Prozesse, die Barrieren für die Umsetzung von CO2-Entnahmemethoden sein könnten, werden berücksichtigt.

Carvon Dioxide Removal: Mehr zur Fördermaßnahme des BMBF

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