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Corona Lectures: Steigendes Thromboserisiko bei COVID-19

24.02.2021

LMU-Kardiologe Steffen Massberg berichtet über häufige Komplikationen bei schweren Verläufen von COVID-19 und skizziert, welche Folgerungen daraus für die Therapie gezogen werden können.

Pflege auf Intensivstation von Corona-Patienten

© IMAGO / xcitepress

Die Infektion mit SARS-CoV-2 führt zu einer Atemwegserkrankung, die bei schweren Verläufen Lungenversagen verursachen kann und eine invasive Beatmung notwendig macht. Häufig kommt es bei diesen Patienten auch zu Komplikationen wie Lungenembolien oder Thrombosen in den Venen.

Im Rahmen der „Corona Lectures“ erläutert LMU-Kardiologe Prof. Dr. med. Steffen Massberg in seinem Vortrag am 2. März 2021 die Mechanismen, die zu derartigen Komplikationen führen. Im Blut beatmungspflichtiger COVID-19-Patienten mit Lungenversagen finden entzündliche Prozesse statt, die Blutgerinnung und Blutplättchen aktivieren, was letztlich zu Gefäßverschlüssen in der Lunge führt. Der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am LMU Klinikum und Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin/Kardiologie berichtet, wie dieser zunächst lokale Prozess der Immunothrombose sich in einer erhöhten systemischen Thromboseneigung bei einer SARS-CoV-2-Infektion niederschlägt. Steffen Massberg skizziert, welche Folgerungen daraus für die Therapie von COVID-19 abgeleitet werden können und wie man möglicherweise solche Thrombosen verhindern könnte.

02 Mär

Corona Lectures: Steigendes Thromboserisiko bei COVID-19

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Vortrag

Prof. Dr. med. Steffen Massberg: „Steigendes Thromboserisiko bei COVID-19: eine Herausforderung für die Therapie“

Dienstag, 2. März 2021, 18:15–19:45 Uhr

Zur Anmeldung
Weitere Informationen über die „Corona Lectures“-Initiative

Kontakt: ringvorlesung-lmu@lmu.de

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Drei Fragen an Prof. Dr. Steffen Massberg:

Derzeit gehen die Inzidenzzahlen in Deutschland zurück. Wie ist die aktuelle Lage am Klinikum, besonders auf der Intensivstation? Sehen Sie Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Welle, zum Beispiel was die Häufigkeit schwerer Fälle betrifft?

Steffen Massberg: Glücklicherweise gehen die Zahlen an Corona-Erkrankten auch im LMU Klinikum deutlich zurück – um Weihnachten hatten wir tägliche Rettungsdienst-Anfahrten mit schwer an COVID-19 erkrankten Patienten. Zeitweise wurden mehr als 100 SARS-CoV-2 infizierte Patienten gleichzeitig am Klinikum behandelt. Auch die Zahlen der Intensivpatienten sind mittlerweile erfreulicherweise rückläufig. Im Vergleich zur ersten Welle fällt auf, dass sich nun deutlich ältere und vermehrt vorerkrankte Patienten mit dem Virus infizieren – insbesondere in den Pflegeheimen gibt es hier absolute „Hotspots“. Dadurch steigt auch in unserem Klinikum die Mortalität an. Wir hoffen sehr, dass sich diese Entwicklung durch die Impfpriorisierung in den nächsten Wochen aufhalten lässt – Israel hat hierzu ja sehr vielversprechende Zahlen veröffentlicht.

Eines der großen Probleme bei beatmungspflichtigen Patienten mit COVID-19 ist die Entstehung von Thrombosen. Warum sind mit SARS-Cov-2 infizierte Patienten so anfällig für diese Komplikation?

Steffen Massberg: Dies ist eine spannende Fragestellung, die wir in anderem Kontext bereits seit vielen Jahren untersuchen. Zunächst besteht bei intubierten Patienten, welche ja ins künstliche Koma versetzt werden, durch Immobilität und weitere Faktoren eine erhöhte Thrombosegefahr unabhängig von der jeweiligen Grunderkrankung. Hinzu kommt, dass wir und andere Arbeitsgruppen in tierexperimentellen Studien zeigen konnten, dass das Immunsystem und die Thromboseentstehung eng verzahnt sind. Dieses Konzept der „Immunothrombose“ erklärt zum Teil, warum Patienten mit entzündlichen oder infektiösen Erkrankungen vermehrt zu Gefäßverschlüssen neigen. Das Zusammenspiel von Gerinnungsfaktoren, Thrombozyten und Immunzellen scheint bei schweren Fällen von COVID-19 eine besonders prominente Rolle zu spielen. So kommt es nicht nur in der Lunge, sondern auch zum Beispiel in der Niere und im Herzen zu Gefäßverschlüssen, welche zur Schwere der Erkrankung beitragen und das „bunte Bild“ von COVID-19 mit der Beteiligung von verschiedenen Organsystemen erklären.

Worauf muss man bei Patienten mit COVID-19 besonders achten? Gibt es inzwischen bessere Behandlungsstrategien als am Anfang der Pandemie, um Thrombosen oder andere Komplikationen möglichst zu verhindern?

Steffen Massberg: Die evidenzbasierte Medizin hängt von großen, randomisierten Studien ab, um das jeweilig beste Behandlungskonzept „zu beweisen“. Bei einer Erkrankung, welche wir nun seit etwas mehr als einem Jahr kennen, fehlen uns natürlich hier noch verlässliche Daten. Aber sowohl unsere eigenen Erfahrungen als auch die Empfehlungen der Fachgremien beinhalten eine engmaschige Überwachung der Patienten in Bezug auf Gerinnselbildung, insbesondere im Hinblick auf Komplikationen wie eine Lungenembolie oder einen Herzinfarkt. Außerdem werden die Patienten mit gerinnungshemmenden Medikamenten therapiert, um der Thromboseneigung vorzubeugen. Unsere COVID-Teams auf Intensiv-, Überwachungs-, und auch Normalstation haben mittlerweile viel mehr Expertise mit dem Krankheitsbild als in den ersten Monaten, und wir haben zumindest für schwer Erkrankte mit Dexamethason nun auch eine wirksame Therapieoption.

Prof. Dr. med. Steffen Massberg ist Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin/Kardiologie sowie Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am LMU Klinikum. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Immunantwort bei entzündlichen Erkrankungen.

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