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Das Beste aus zwei Welten

25.07.2021

Die Medizinerin Inga Katharina Koerte forscht über traumatische Hirnverletzungen. Sie zählt zu den Preisträgerinnen des Prinzessin Therese von Bayern-Preises

Als Inga Katharina Koerte zum ersten Mal auf den Prinzessin Therese von Bayern-Preis aufmerksam wurde, war sie selbst noch in der Facharztausbildung – und überzeugte ihre Mentorin, die Radiologin Birgit Ertl-Wagner, sich auf die Ausschreibung zu bewerben. „Ich hatte so viel von ihr gelernt, sie hatte eine echte Vorbildfunktion nicht nur bei uns am Institut, sondern an der gesamten medizinischen Fakultät,“ erzählt Koerte. Birgit Ertl-Wagner bewarb sich und wurde 2013 mit dem Preis ausgezeichnet, ebenso wie Anja C. Muntau vom Haunerschen Kinderspital, die Koerte damals als Stipendiatin in einem Förderprogramm betreute.

Inzwischen ist Koerte selbst Professorin und Mentorin – und freut sich umso mehr, in diesem Jahr mit dem Preis geehrt zu werden. „Am schönsten finde ich, dass auch meine Mentee Nathalie Albert ausgezeichnet wird“, sagt Koerte. „Da setzt sich sozusagen eine Tradition fort. Es geht darum, die Dinge weiterzutragen, das Thema Mentoring so ernst zu nehmen, dass echte Netzwerke entstehen. Wenn sich Wissenschaftlerinnen gegenseitig den Rücken stärken, können wir viel erreichen, nicht nur an der medizinischen Fakultät.“


Den Dingen auf den Grund gehen

Koertes Weg in die Medizin schien bereits früh vorgezeichnet: Schon in der Grundschule interessierte sie sich für den menschlichen Körper und das, was in ihm vorgeht. „Ich wollte verstehen, wie alles zusammenhängt“, sagt sie. Der Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen und vieles zu hinterfragen, blieb ihr Antrieb. „Im Studium fing ich an, mich mit evidenzbasierter Medizin zu beschäftigen: Warum geben wir eigentlich dieses Medikament und nicht ein anderes? Wirkt das immer oder vor allem bei Frauen über 40? Mir war es wichtig, jede medizinische Entscheidung durch wissenschaftliche Evidenz zu untermauern.“ Aus diesem Anspruch entwickelte sich dann ganz automatisch ein Interesse an der Forschung.

Koerte spezialisierte sich nach dem Studium in verschiedenen Bereichen, promovierte über experimentelle Chirurgie, absolvierte Facharztausbildungen in der Pädiatrie und der Radiologie und habilitierte sich bei ihrer Mentorin Birgit Ertl-Wagner. Prägend für ihren Weg war auch die Zeit als Postdoktorandin am Bingham and Women’s Hospital der Harvard Medical School.


„In den USA gibt es in der Forschung eher eine Kultur des Trial and Error,“ erzählt Koerte. „Das versuche ich auch meinen Studierenden zu vermitteln: Wenn ein Experiment scheitert, ist das kein Versagen, sondern ein integraler und notwendiger Bestandteil des Fortschritts. Die Bereitschaft, etwas auszuprobieren und sich durch Rückschläge nicht entmutigen zu lassen, ist ungeheuer wichtig für Innovation.“ An der deutschen Forschungskultur wiederum schätzt sie, dass Dinge sorgfältig geplant werden. In ihrem wissenschaftlichen Alltag versucht Koerte, beides zu verbinden. „Viele wichtige Forschungsergebnisse sind das Resultat eines gut vorbereiteten Zufalls“, sagt sie.

Seit einigen Jahren hat Koerte eine Doppelstelle inne als Professorin für Neurobiologische Forschung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der LMU, wo sie die Forschungsgruppe cBRAIN (Child Brain Research and Imaging in Neuroscience) leitet, und als Lecturer in Psychiatry an der Harvard Medical School (HMS), Boston, USA. Der Fokus ihrer wissenschaftlichen Arbeit liegt auf der Erforschung der Auswirkungen von traumatischen Hirnverletzungen auf die Struktur, Funktion und Entwicklung des Gehirns. Zusammen mit ihren Teams konnte Koerte zum Beispiel als Erste Veränderungen in der Mikrostruktur des Gehirns im Zusammenhang mit dem Kopfballspiel beim Fußball nachweisen.


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Forschung und Förderung

Neben ihrer Forschung engagiert sich Inga Katharina Koerte in der Nachwuchsförderung und ist seit April Beauftragte für das Programm „Steps“ an der medizinischen Fakultät, das geschaffen wurde, um Talente im Medizinstudium früh zu erkennen und zu fördern. Neben der Vermittlung von fachlichen Inhalten und Soft Skills findet sie vor allem wichtig, dass die Studierenden einen Mentor oder eine Mentorin an die Seite gestellt bekommen. „Meistens ist es diese eine Person, die ihre eigenen Erfahrungen weitergibt und den entscheidenden Unterschied macht.“

Diese Art von Begleitung ist es, die Koerte in ihrem Beruf mit besonderer Freude erfüllt. Sie vergleicht es mit dem Chaperon Protein, das neue Proteine bei ihrer komplexen Faltung unterstützt, ohne selbst Teil der Struktur zu werden. „Ich bin im Herzen eine Lehrerin,“ sagt Koerte. „Ich freue mich sehr, wenn ich sehe, wie sich Studierende, Doktoranden und Post-Docs, die ich begleite, entfalten, und das in ganz unterschiedlichen Richtungen. Es ist toll, wenn ihre Motivation zum Leuchten kommt und sie werden, was sie werden wollen.“

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