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Klimawandel in der Lehre: über Disziplinen hinweg

27.09.2022

In der Munich Climate School der LMU vernetzen sich Studierende und Lehrende aller Fachrichtungen. Das Ziel der interdisziplinären Lehrveranstaltung: Den Klimawandel umfassend verstehen, um aktiv gegen ihn vorgehen zu können.

© IMAGO / Christian Ohde

Wie kann der Klimawandel aufgehalten, wie eine Nettonull an Treibhausgasen erreicht werden? Fragen, auf die LMU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen Antworten suchen. Bereits zum zweiten Mal teilen sie nun ihr Wissen im Rahmen der Munich Climate School, die vom 26. bis zum 30. September 2022 stattfindet, mit Studierenden aller Fachrichtungen.

Eine Woche lang werden teils in Präsenz, teils hybrid spannende Grundlagenvorträge zu verschiedenen Aspekten des Klimawandels gehalten. So führt etwa die Volkswirtschaftlerin Professorin Karen Pittel, die auch die Regierung berät, in das Thema Klima und Wirtschaft ein, Professor Matthias Garschagen in die katastrophalen Folgen des Klimawandels selbst. Der Sozialethiker Markus Vogt beleuchtet das Thema Klimagerechtigkeit aus theologischer Sicht.

Im Lauf der Woche erfahren die Studierenden, welche Krankheiten auf das Konto des Klimawandels gehen, welche Herausforderungen sich für Pflanzen ergeben und wie sich finanzielle Risiken abfedern lassen. Simulationsspiele ergänzen das Programm, das ganz auf persönlichen Austausch setzt. Ausdrücklich erwünscht sind Diskussionen unter Dozierenden und Studierenden. Denn die Lehrveranstaltung soll dazu dienen, gemeinsame Projekte anzustoßen.

Die Idee zur School entstand im Klimaforum der LMU, einem lockeren Zusammenschluss von Forschenden, der auf eine gemeinsame Initiative des Juristen Professor Helmut Satzger und der Vizepräsidentin der LMU, Professorin Francesca Biagini, zurückgeht. Satzger übernimmt auch zusammen mit Kollegen die Organisation der Climate School.

Fragen zum Klimastrafrecht

Dass sich ausgerechnet ein Jurist so intensiv mit dem Klimawandel befasst, überrascht nur auf den ersten Blick. Denn die Frage danach, wie ein Klimastrafrecht aussehen und angewandt werden kann, ergibt sich aus der Sache selbst. Schließlich hat sich Deutschland zur Klimaneutralität verpflichtet. Muss also nicht auch geregelt sein, wie sich diese Verpflichtung rechtlich darstellen und absichern lässt?

„Der Klimawandel ist ein so gravierendes Problem“, sagt Helmut Satzger. „Warum spielt das schärfste Schwert des Staates, das Strafrecht, hier keine besondere Rolle?“ Bereits seit mehreren Jahren beschäftigt den Juristen, ob und wie klimaschädigendes Verhalten geahndet und unterbunden werden kann. Eine knifflige Angelegenheit, schließlich sind Verbote in einer liberalen Gesellschaft eher unpopulär. Einen akzeptablen Ausweg könnte der Emissionshandel bieten, der einen gewissen Handlungsspielraum erlaubt.

Satzger und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Nicolai von Maltitz widmeten dem Thema ein eigenes Forschungsprojekt. „Unser Kerngedanke war es, Klimaneutralität als Rechtszustand zu begreifen, der Emissionsverhalten und Kompensationsmechanismen verbindet“, erklärt von Maltitz. Dabei gerieten die beiden Forscher allerdings rasch an die Grenzen ihres Fachs. Denn auf der Suche nach Antworten fehlten ihnen wissenschaftliche Grundlagen, die nur andere Disziplinen liefern konnten. Also begannen sie, sich zu vernetzen. „Das war die Initialzündung“, so von Maltitz. Die Idee zum Klimaforum war geboren.

Vom Klimaforum zur Climate School

„Ich fand es eigenartig“, sagt Satzger, „dass sich so viele Fakultäten mit ähnlichen Fragen beschäftigen, ein echtes Gesprächsforum aber nicht existiert.“ Und weil sich die drängenden Fragen des Klimawandels auch in der Lehre widerspiegeln sollten, ging im Sommer vergangenen Jahres, wenige Monate nach Gründung des Klimaforums, die erste Climate School über die Bühne – und war ein voller Erfolg.

„Die Stimmung unter den Studierenden war sehr toll und anregend“, so Satzger. Besonders positiv überrascht war er von den Diskussionen nicht nur zwischen Studierenden und Dozierenden, sondern auch unter den Dozierenden selbst. Das bestätigt auch David Kaiser, Student der Geographie, der im vergangenen Jahr an der Climate School teilnahm. Er lobt die Diskussionen auf Augenhöhe, die stattfanden, und ist überzeugt: „Für effektive Lösungen im Kontext des Klimawandels lohnt sich der Blick in andere Disziplinen.“

Damit Lösungen entstehen

Jetzt geht es den Organisatoren darum, das Angebot zu verstetigen und für Studierende und Dozierende aus dem Ausland zu öffnen. Auch wenn derzeit alle Dozierenden auf freiwilliger Basis und ohne jede Entlohnung mitwirken, so ist die längerfristige Finanzierung der Climate School offen. Sicher ist: Der Charakter der Veranstaltung soll auch weiterhin von persönlichen Begegnungen geprägt sein. Denn das, so Satzger, sei die beste Grundlage dafür, gemeinsame Projekte anzustoßen.

Die großen Herausforderungen, die bevorstehen, schlagen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Climate School ganz offensichtlich nicht auf die Stimmung. Die nämlich sei, so Satzger, keineswegs gedrückt. „Als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind wir dazu da, Probleme zu lösen. Wir stecken nicht den Kopf in den Sand. Es besteht durchaus Grund zur Hoffnung. Ich bin optimistisch, dass wir das Beste aus der Situation machen können.“

Sein persönlicher Traum wäre es, Studierende im Rahmen eines Masterstudiums zu Klimajuristen und -juristinnen auszubilden. Zum Teil ist der Wunsch schon in Erfüllung gegangen: An seiner Fakultät hat Satzger mit der Unterstützung mehrerer Kolleginnen und Kollegen bereits eine Forschungsstelle für Klimarecht eingerichtet.

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