Projekt Playlist: Musiktheater von Studierenden
03.07.2025
In einem interdisziplinären Projekt bringen Studierende Musiktheater-Miniaturen auf die Studiobühne und lernen dabei, was künstlerische Zusammenarbeit ausmacht. Premiere ist am 5. Juli.
03.07.2025
In einem interdisziplinären Projekt bringen Studierende Musiktheater-Miniaturen auf die Studiobühne und lernen dabei, was künstlerische Zusammenarbeit ausmacht. Premiere ist am 5. Juli.
Bringen gemeinsam Musiktheater-Miniaturen auf die Bühne: Stella Curcic, Michael A. Leitner und Sânziana Maximeasa (v.l.) | © LMU/Monika Goetsch
Figuren gestalten, Dialoge entwickeln, Spannung erzeugen: Das ist nicht gerade Alltag im Studium der Theaterwissenschaften. Im Vordergrund stehen meist theoretisches Wissen und Textanalyse. Noch seltener schreiben die Studierenden Libretti fürs Musiktheater. Und das eigene Stück von Schauspielern gespielt und gesungen auf die Bühne bringen: Das ist für viele erst mal ein ferner Traum.
Umso attraktiver ist „Playlist“, ein Gemeinschaftsprojekt von Studierenden der LMU, der Hochschule für Musik und Theater München, der Theaterakademie August Everding und der Otto Falckenberg Schule. Das Ergebnis der intensiven, bereits zum fünften Mal durchgeführten Kooperation sind acht je zwölfminütige Musiktheater-Miniaturen, die am 5. Juli auf der Studiobühne der Theaterwissenschaft Premiere feiern.
Seit März arbeiten die Studierenden an Libretti, Kompositionen und der Ausgestaltung des Programmhefts. Die Textideen wurden bereits im Wintersemester unter Leitung der Bestseller-Dramatikerin Nora Abdel-Maksoud entwickelt, die zweiwöchige Probenzeit auf der kleinen, aber gut ausgestatteten Studiobühne in der Nähe der Kammerspiele begann Ende Juni.
Nicht unkompliziert war die Organisation des Projekts. Es galt, die Institutionen mit ihren unterschiedlichen Modulplänen zu koordinieren, sich regelmäßig zusammenzufinden und trotz aller Leidenschaft für die Theaterpraxis das Studium weiter durchzuziehen.
Komplizierte Abstimmungsprozesse, plötzliche Krankheitsfälle, Zeitknappheit: Zur Theaterpraxis gehöre auch die Erfahrung, so Professorin Christiane Plank-Baldauf, die das Projekt an der LMU leitet, „dass man nicht immer unter Idealbedingungen arbeiten kann.“
Auf emotionaler Ebene ist Musiktheater unglaublich anschlussfähig. Singen und Musizieren hat etwas, das die Menschen anspricht.Christiane Plank-Baldauf, Professorin am Institut für Theaterwissenschaft der LMU
Das Musiktheater und seine Vermittlung ist Forschungsschwerpunkt der Theaterwissenschaftlerin und Dramaturgin. Sie bedauert, dass die Oper im Ruf steht, elitär und exklusiv zu sein. Denn auf emotionaler Ebene sei das Musiktheater „unglaublich anschlussfähig. Singen und Musizieren hat etwas, das die Menschen anspricht.“
Im Projekt „Playlist“ verfassten die Studierenden der Theaterwissenschaften die Libretti. Wie man eine kleine musikalische Szene schreibt; wie kurz der Text eines Musiktheaterstücks sein muss, das zwölf Minuten dauert; wie Regisseure arbeiten und wie Komponisten und welche Wechselwirkungen entstehen: Das, sagt Plank-Baldauf, bekommt man letztlich nur durch Ausprobieren raus.
„Im Projekt erfahren die Studierenden, wie dieses kleine Räderwerk funktioniert.“ Dabei sammeln sie jede Menge Erfahrungen. Wie reagieren auf Kritik? Wie auf Eingriffe in die eigene künstlerische Freiheit? Und was tun, wenn es vor lauter Änderungen ganz danach aussieht, als würde man niemals rechtzeitig fertig? „Am Anfang einer Laufbahn wird vieles als krisenhaft erlebt“, sagt Plank-Baldauf. „Später kann man das besser einordnen. Und lernt, darauf zu vertrauen, eine Lösung zu finden.“
Das Ergebnis aller Mühen verspricht allerdings Spannendes. Da ist etwa „Das ‚L‘ in Frauen steht für lustig“, ein Stück, das sich an die Logik gängiger Datingrituale heranwagt, wie es im Programmheft heißt, das die Studierenden verfasst haben. Oder „Ein Erbe, ein Like und der Preis des Abschieds“, seines Zeichens „eine bitterböse Komödie über eine Beerdigung, die völlig aus dem Ruder läuft.“
Ein Stück über eine kleine Münchner Schreinerei ist unter den Miniaturen, in dem eine idealistische Studentin zwischen Sägespänen nach dem Sinn des Lebens sucht. Außerdem das Stück „Regenschirme“, das die Annäherung zweier Menschen nach einem Atomunfall zeigt.
Und „ÜÄÄHHH“, ein Stück der Theaterwissenschaftlerin Stella Curcic, das um schambehaftete Erinnerungen kreist. „Mach dich ready für emotionale Entblößung“, heißt es dazu im Programmheft.
Curcic war schon im vergangenen Jahr bei „Playlist“ dabei. Am szenischen Schreiben gefällt ihr der „Raum für Fantasie“, der sich eröffnet. Überhaupt mag sie Veränderungen, Fortschritt, kreative Freiheit und arbeitet gern mit anderen in einem Projekt zusammen. Ihr Urtext, erzählt sie, war voller Regieanweisungen. Inzwischen hat sie alle gestrichen. „Natürlich tut das weh“, sagt sie. „Aber ich habe verstanden, warum die Streichungen sein mussten. Der Regisseur hat es mir erklärt. Und ich finde es gut so.“
Jeder Text ist frisch, spannend, in sich stimmig und gelungen.Michael Leitner, studiert Komposition an der Hochschule für Musik und Theater München
„Ein ganz tolles Projekt“ sei „Playlist“, sagt Michael Leitner, der im Master Komposition an der Hochschule für Musik und Theater München studiert. „Jeder Text ist frisch, spannend, in sich stimmig und gelungen.“ Zwar hat er schon Einiges komponiert. „Aber ich lerne sehr viel dazu. Musiktheateraufträge sind nicht so breit gesät. Umso wichtiger die Chance, Erfahrungen zu sammeln in einer geschützten Produktion.“
Er hat ein Libretto von Sânziana Maximeasa vertont, die nach ihrem Architekturstudium erst mal Theaterwissenschaften an der LMU studierte, bevor sie einen Regie-Studienplatz an der Theaterakademie August Everding bekam. Schon als Kind, erzählt sie, hat sie mit ihren Geschwistern Theater gespielt, kleine Aufführungen inszeniert und an die Verwandtschaft Tickets verkauft.
Die Radikalisierung in ihrem Heimatland Rumänien gab den Anstoß für ihr Stück „Echokammer“, eine „theatrale Versuchsanordnung über Affekte, Verstärkung und Kollektivbildung“, wie es im Programmheft heißt. Michael Leitner hatte den Begriff Echokammer ins Spiel gebracht.
An diesem Probenabend will die Autorin und Regisseurin herausfinden, wohin die fünf Schauspielerinnen und Sänger auf der Bühne sprechen sollen: eher zueinander oder Richtung Publikum? Geduldig werden verschiedene Varianten durchprobiert. Bis klar ist: Der Blick zum Publikum fühlt sich schlüssiger an.
So könnte man eigentlich wochenlang weitermachen. Gemeinsam Ideen entwickeln, sich vorwagen, experimentieren. Aber irgendwann, so Plank-Baldauf, greife der Pragmatismus. Man muss schließlich fertig werden! Aber was heißt schon fertig? „Playlist“, da sind sich alle einig, behält seinen Werkstattcharakter auch über die Premiere hinaus.
Premiere ist am 5. Juli 2025, 15 Uhr
Ort: Studiobühne TWM, Neuturmstraße 5 (Eingang: Am Kosttor):
Weitere Vorstellungen: 6. und 7. Juli 2025, 19.30 Uhr
Die Studiobühne: Theaterlabor und Experimentierraum