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Als Erste:r in der Familie studieren

20.04.2023

Erststudierende stehen oft vor Herausforderungen im „System Uni" – die Zentrale Studienberatung der LMU bietet ihnen verschiedene Unterstützungsangebote.

Viele Studierende, die als Erste in ihrer Familie eine akademische Laufbahn einschlagen, sehen sich mit vielfältigen Fragen und Herausforderungen im „System Uni" konfrontiert – die Zentrale Studienberatung (ZSB) der LMU bietet ihnen bei ihrem Weg durchs Studium Unterstützung. Amelie Hass, akademische Studienberaterin in der ZSB, erklärt im Interview, warum es häufig Mut braucht, in erster Generation zu studieren, und wie Hürden abgebaut werden können.

Amelie Hass, akademische Studienberaterin in der ZSB, erklärt im Interview, warum es häufig Mut braucht, in erster Generation zu studieren, und wie Hürden abgebaut werden können. | © LMU

Nach wie vor ist der Bildungserfolg in Deutschland überdurchschnittlich stark von sozialer Herkunft abhängig. Wie äußert sich das an den Universitäten?

„Die Bildungschancen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt, man spricht hier vom sogenannten Bildungstrichter. Akademikerkinder, also Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil studiert hat, beginnen mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit ein Studium als Kinder, die aus einer Nicht-Akademiker-Familie kommen.

Während von 100 Akademikerkindern 77 ein Studium beginnen, gehen von 100 Kindern aus Nicht-Akademiker-Familien nur 23 an die Hochschule.“

Vor welchen Herausforderungen stehen Studierende, die die ersten ihrer Familie sind, die studieren?

„Für die allermeisten ist die Studienfinanzierung ein großer Punkt. Nicht alle können ausreichend finanzielle Unterstützung von ihren Familien erhalten. Auch das Bafög ist in einer teuren Stadt wie München nicht ausreichend und viele müssen neben dem Studium arbeiten, um so ihr Leben zu finanzieren.“

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Doch nicht nur der finanzielle Aspekt ist für Nicht-Akademikerkinder eine Herausforderung, oder?

„Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, können durch ihre Familien nicht so viel Unterstützung erhalten, was auch die ganz praktischen Dinge rund um das Thema Studium betrifft. Etwa: Wie schreibe ich mich ein? Wie läuft so eine Vorlesung ab? Und was ist ein Seminar? Da fehlen einfach die grundlegenden Informationen zum System „Uni“ und das unterstützende Netzwerk, auf das Akademikerkinder meist zurückgreifen können. Ebenfalls darf man nicht unterschätzen, dass Erststudierende an der Uni oft unter dem Gefühl leiden, anders zu sein, anders zu reden und zu denken und nicht richtig dazuzugehören.“

Welche Folgen haben diese Herausforderungen für die akademische Laufbahn der Erststudierenden?

„Die Folge ist einerseits, dass sich die „first generation students“, wie sie auch genannt werden, erst mal schwerer tun, an der Uni überhaupt anzukommen. Tatsächlich ist ein Studienabbruch bei Erststudierenden bedeutend häufiger als bei Studierenden aus Akademikerhaushalten. Zudem entscheiden sich deutlich weniger Erststudierende für einen Master und bei der Promotion dünnt sich der Anteil der Nicht-Akademikerkinder noch weiter aus.“

Die ZSB unterstützt Erststudierende. Wie genau sieht diese Unterstützung aus?

„Wir möchten Studieninteressierte und Studierende, deren Eltern nicht studiert haben, in ihren Bedürfnissen unterstützen. Vor dem Studium bieten wir dazu eine Reihe von Informationsveranstaltungen und niederschwelligen Schnuppermöglichkeiten an. Alles ist zu finden unter Beratung und Orientierung für Studieninteressierte.

Studierenden steht zudem der Workshop „Als Erste:r in der Familie studieren“ offen, in dem es vor allem darum geht, Studierende untereinander in Austausch zu bringen, damit sie sich vernetzen können und sehen: ,Ich bin mit meinen Fragen nicht allein', und sich gegenseitig stärken.“

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Was erwartet die Teilnehmenden in dem Workshop „Als Erste:r in der Familie studieren“ noch?

„Sich als Erste oder als Erster in der Familie auf den Weg ins Studium zu begeben, braucht Mut und bringt häufig Herausforderungen mit sich. Ziel des Workshops ist es, gemeinsam Unsicherheiten vor/während des Studiums zu analysieren, sich untereinander auszutauschen und sich zu ermuntern, das eigene Potenzial gewinnbringend einzusetzen. Es wird Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten geben, um mit verschiedenen Methoden die Ressourcen von Erststudierenden zu beleuchten und das Vertrauen in die eigene Studierfähigkeit zu stärken. Außerdem gehen wir darauf ein, welche Unterstützungsmöglichkeiten es für die Studierenden gibt.“

Welche Unterstützungsangebote können Sie noch abseits der ZSB für Studierende in erster Generation empfehlen?

„Vonseiten der Studierenden gibt es das Anti-Klassismus-Referat. Es gehört zur Studierendenvertretung (Stuve) und möchte diversen Betroffenen wie Studierenden aus einem nicht-akademischen Elternhaus oder poor- und poverty-class academics einen niederschwelligen und verständnisvollen Erfahrungsaustausch ermöglichen. Nicht zuletzt ist es eine studentische Anlaufstelle bei Beratungsbedarf. Des Weiteren gibt es an der LMU das Stipendienreferat, das Referat für internationale Angelegenheiten und den Career Service. Auch außerhalb der LMU gibt es Angebote, die Erststudierende wahrnehmen können, etwa vom Studierendenwerk oder von ArbeiterKind.de.“

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